Geisterleben von Ludwig Uhland Von dir getrennet, lieg ich wie begraben, Mich grüßt kein Säuseln linder Frühlingslüfte; Kein Lerchensang, kein Balsam süßer Düfte, Kein Strahl der Morgensonne kann mich laben. Wann sich die Lebenden dem Schlummer gaben, Wann Tote steigen aus dem Schoß der Grüfte, Dann schweb ich träumend über Höhn und Klüfte, Die mich so fern von dir gedränget haben. Durch den verbotnen Garten darf ich gehen, Durch Türen wandl ich, die mir sonst verriegelt, Bis zu der Schönheit stillem Heiligtume. Erschreckt dich Geisterhauch, du zarte Blume? Es ist
Read More Taillefer von Ludwig Uhland Normannenherzog Wilhelm sprach einmal: „Wer singet in meinem Hof und in meinem Saal? Wer singet vom Morgen bis in die späte Nacht So lieblich, daß mir das Herz im Leibe lacht?“ „Das ist der Taillefer, der so gerne singt Im Hofe, wenn er das Rad am Brunnen schwingt, Im Saale, wenn er das Feuer schüret und facht, Wenn er abends sich legt und wenn er morgens erwacht.“ Der Herzog sprach: „Ich hab‘ einen guten Knecht, Den Taillefer, der dienet mir fromm und recht: Er treibt mein
Read More Die Rache von Ludwig Uhland Der Knecht hat erstochen den edlen Herrn, Der Knecht wär selber ein Ritter gern. Er hat ihn erstochen im dunklen Hain Und den Leib versenket im tiefen Rhein. Hat angeleget die Rüstung blank, Auf des Herren Roß sich geschwungen frank. Und als er sprengen will über die Brück‘, Da stutzet das Roß und bäumt sich zurück. Und als er die güld’nen Sporen ihm gab, Da schleudert’s ihn wild in den Strom hinab. Mit Arm, mit Fuß er rudert und ringt, Der schwere Panzer ihn niederzwingt.
Read More