Geschrieben am 14. Juni 2008 von für Bücher, Crimemag

Thomas Raab: Der Metzger sieht rot

Möbel und Mörder

In Thomas Raabs zweitem, gelungenen Roman ermittelt der behäbige Restaurator Willibald Adrian Metzger in der Fußballszene, wo es am Ende freilich weniger um Sport und Gesinnung, denn ums Geschäft geht.
Von Frank Rumpel

Ein Österreicher, mag mancher denken. Der Titel vielversprechend, scheint ins Muster zu passen, ins österreichische. Kriminalromane aus der benachbarten Alpenrepublik haben schließlich allesamt einen kernigen, an der Wirklichkeit geschulten Humor, schräge, markante Figuren und tragen in der Gesamtkonstruktion mehr oder weniger subtil bizarre Züge. Vor allem Wolf Haas hat da als Vergleichsgröße allenthalben herzuhalten und gerade im Vergleich wird deutlich, wie klein dieser Nenner bei der nationalen Zuschreibung doch ist. Für die Verlage und Buchhändler freilich ist ein solcherart assoziertes und häufig benutztes Label, angeschoben oder nicht, ein wahrer Glücksfall. Nun hat der Wiener Musiker Thomas Raab seinen zweiten Kriminalroman um den gewichtigen Möbelrestaurator Willibald Adrian Metzger vorgelegt und seinen eigenen Stil nochmals bekräftigt.

Fußball in Österreich – mörderisch …

Ausgerechnet der Ost-Wiener Fußballklub Kicker Saurias mit seinem rechten Fanblock hat sich einen dunkelhäutigen Tormann geholt, der in einem Lokalderby gegen die im Süden der Stadt beheimateten Kollegen des SK Athletik Süd für den verletzten Stammkeeper spielt. Der ghanaische Torhüter bricht zu Beginn der zweiten Halbzeit tot zusammen. In den Zuschauerrängen sitzt ganz gegen seine Gewohnheit auch Metzger mit seiner Freundin Danjela Djurkovic. Die glaubt nicht an einen Unfall, zumal der Ghanaer in der ersten Halbzeit von der Tribüne aus übel beschimpft wurde. Sie will der Sache auf den Grund gehen und wird dabei schwer verletzt. Metzger stellt daraufhin selbst Nachforschungen an, recherchiert in der Ultraszene und im Nobelbordell, wohin einige Spuren führen und schiebt sich damit selbst unfreiwillig in die Schusslinie. Denn im Hintergrund agiert eine wenig zimperliche Dame mit tiefsitzendem Rachebedürfnis am männlichen Geschlecht und hinter ihr zieht nochmals jemand die Fäden.

Metzger ist ein behäbiger, altmodischer Mensch, „bindungstechnisch ein Hosenscheißer“, der sich am wohlsten fühlt, wenn er in seiner Werkstatt alte Möbel restaurieren und dazu ein oder mehrere Achterl Wein trinken kann. Raabs Protagonist ist ein stiller Genießer, dem die moderne Hektik in der Regel nicht allzu viel anhaben kann. Er dürfte zudem der erste Möbelrestaurator sein, der nebenher ermittelt, wenn’s denn sein muss. Die etwas schwerfällige Art des Protagonisten schlägt sich auch sprachlich nieder. Sein Ton ist unaufgeregt, doch genießt Raab das verschwurbelt und etwas umständlich Formulierte, neigt gelegentlich zu einer barock anmutenden Opulenz, die seiner geradlinig angelegten Geschichte immer wieder das Tempo nimmt und ihm Zeit für mehr oder minder gewichtige Betrachtungen, Beobachtungen und Überlegungen abseits des Weges gibt: „Betritt ein Mensch mit einem Timer in der Hand einen Raum, weiß jeder, der ist beschäftigt, der hat Termine, der ist wichtig. Auch wenn nur drinnen steht: Mama anrufen, auf dem Heimweg Brot und Butter einkaufen.“

Raabs Humor ist eher leise und abgründig. Mit Der Metzger sieht rot schreibt er seine Saga fort, liefert eine gewiefte und unterhaltsame Kriminalgeschichte, spielt vom Titel bis zur letzten bösartigen Volte gekonnt mit den Lesererwartungen und hat ein Label, wie „österreichisch“ gar nicht nötig, auch wenn er wenig dafür tut, einer solchen Zuschreibung zu entkommen. Sie ist ihm vielleicht einfach wurscht. Zum Glück.

Frank Rumpel

Thomas Raab: Der Metzger sieht rot. Roman. Leykam-Verlag. 320 Seiten. 19,90 Euro.