Geschrieben am 16. November 2009 von für Bücher, Litmag

Tex Rubinowitz: Ramses Müller

Tex Rubinowitz: Ramses MüllerZu viel gewollt

Berlin ist voller Stars und solcher, die es werden wollen oder sich bereits für welche halten. Außerdem wird gesoffen, gekokst und gekotzt. So weit, so bekannt. Tex Rubinowitz möchte mit seinem „Ramses Müller“ dieser Berlin-Dekadenz ein hämisches Denkmal setzen, verstolpert sich aber. Von Tina Manske

Armin und Schubal sind zwei Loser aus Berlin-Mitte (eh klar), die eines Abends im White Trash (in die Paris Bar kommen sie nicht rein) auf Benjamin von Stuckrad-Barre und seine Freundin treffen. Schubal, ursprünglich aus Uelzen, ist der typische Anpasser, „einer, der Harald Schmidt früher besser fand, der Rihanna hört und Die Ärzte, die ihm aber gleich klingen“ und so weiter und so fort – man möchte den Typen sofort in Quarantäne stecken. Im Gegensatz dazu kann man den geborenen Wormser Armin fast reflektiert nennen. Labertaschen sind sie alle beide.

Im White Trash also trifft man Stucke, der aber eigentlich Ramses Müller heißt und ein Enkel von Heiner Müller ist, und zieht gemeinsam weiter zu einer Party von Christoph Schlingensief, wo sich die restliche Mischpoke von Tim Mälzer bis Gregor Gysi ein Stelldichein gibt. Man befummelt sich gegenseitig ein bisschen. Am anderen Morgen ist Katerstimmung in Müllers Wohnung angesagt, eine Murmel wird verloren und wiedergefunden, ein Klo zerstört und Geld buchstäblich aus dem Fenster geworfen. Am Ende ist die Verwirrung perfekt.

Ebenso wie sich der Sinn rauschartig verflüchtigt, je länger man liest. Ramses Müller möchte vieles: die Abwrackprämie einsacken für all die erfolgreichen Ekel-Romane der letzten Monate (allen voran natürlich die Feuchtgebiete von Charlotte Roche, die dementsprechend auch im Roman auftaucht), sich über die schleichende Gentri- und Schickeriafizierung Berlins totlachen und Slapstick am laufenden Band produzieren. Schöner Plan, der leider nicht ganz aufgeht. Irgendwann verhaspelt sich Rubinowitz so vehement in seinen Endlossätzen, dass nicht nur er selbst, sondern auch der Leser das Interesse daran verliert, wie’s denn nun eigentlich weitergeht. Dabei bleibt selbstredend auch der Humor auf der Strecke. Nur selten gelingt Tex Rubinowitz eine Formulierung, die es mit seinen geschätzten grotesken Zeichnungen aufnehmen kann – die „schlechtgefickten Brotspinnen“ zum Beispiel.

Das interessanteste an diesem Buch war tatsächlich der Artikel, den Max Goldt darüber in der Titanic geschrieben hat. Darin distanziert er sich auf gewohnt artifizielle Weise von dem Amazon-Beitrag, unter den ein nicht weiter bekannter Internetrezensent Goldts Namen gesetzt hat und in dem Ramses Müller nicht besonders gut wegkommt. Der Metadiskurs spannender als das Kunstwerk – auch das gibt’s ja immer mal wieder.

Tina Manske

Tex Rubinowitz: Ramses Müller. Roman. Eichborn Verlag, Berlin 2009. 222 Seiten. Kartoniert. 16,95 Euro.