Geschrieben am 12. Februar 2004 von für Bücher, Litmag

Stuart David: Wie Nalda sagt

Wunderbare Allegorie über das Glück

„Wie Nalda sagt“ ist nicht nur die Geschichte eines liebenswerten Sonderlings, sondern auch eine großartige Allegorie über das Vertrauen und das Glück, das zum Greifen nah und doch so fern sein kann.

Es gibt Bücher, die scheinbar unbeeindruckt von Zeit und Raum entstehen und dann fremd und faszinierend wie ein Edelstein aus fernen Welten in die Hände des Lesers fallen. So ein wunderbares Buch ist „Wie Nalda sagt“, das Debüt des jungen Briten Stuart David.
Stuart David lässt seinen Protagonisten in direkter Ansprache des Lesers und in einer Prosa von rührender Schlichtheit ein ganz und gar außergewöhnliches Leben erzählen. Dabei achtet der Ich-Erzähler, der ein großes Geheimnis in sich verbirgt, sehr darauf anonym zu bleiben und gibt von seinem Namen nur das Anfangsinitial preis: „T.“

Aufgewachsen ist dieser T. im Wohnwagen seiner Ziehmutter Nalda, zu der er wie ein moderner Simplicissimus in einem „Sammelsurium aus Lumpen und Fetzen“ kam. Wie die Muttermilch sog er hier die skurrilen Geschichten Naldas auf und lebt mit und in ihnen – sei es in der Geschichte von der „Winterfrau““ die immer dem Sommer hinterher reiste und daher nicht alterte oder sei es die geheimnisumwitterte Geschichte seiner eigenen Herkunft.
Doch eines Tages verschwindet Nalda und lässt T. schweigsam und scheu wie ein Reh in einer bedrohlichen Welt zurück: „wegen dem, was ich in mir habe, ist es wichtig, dass ich immer auf der Hut bin“. Als Gärtner und in täglicher Erwartung des tief in ihm schlummernden Glücks schlägt T. sich fortan durch das Leben – kommt ein anderer Mensch ihm zu nahe, so ergreift er sofort die Flucht, lässt Arbeit und Wohnung im Stich und beginnt weit weg von vorn.
Nach einer erneuten Flucht findet T. in einem Krankenhaus-Park eine neue Arbeitsstelle. Ganz langsam fasst er nicht nur Vertrauen zu seinen Vorgesetzten Frank und Elizabeth, sondern verliebt sich sogar in die Krankenschwester Marie. Sie „knackt den Ernst“ auf seinem Gesicht und jagt „Glücksblitze“ durch ihn hindurch.

Mit ungeheurem Einfühlungsvermögen und großer Wärme versetzt Stuart David die Leser in die naive Innenwelt seines weltscheuen Protagonisten. Über einer melancholischen Grundierung lässt er hier die wahrhaftige Größe ganz kleiner alltäglicher Dinge und vor allen Dingen das Wunder der „hohen Liebe“ erstrahlen. Die Gefühle rasen auf einer Skala von todtraurig bis himmelhochjauchzend hin und her und zum Schluss heißt die entscheidende Frage: Der Liebe vertrauen oder abermals fliehen…
„Wie Nalda sagt“ ist nicht nur die Geschichte eines liebenswerten Sonderlings, sondern auch eine großartige Allegorie über das Vertrauen und das Glück, das zum Greifen nah und doch so fern sein kann: „So gut wie jeder wartet darauf, dass ihn etwas ganz Besonderes widerfährt. Etwas, was das Leben ändert und aus dem, was es ist, das Leben macht, was man haben will.“

Karsten Herrmann

Stuart David: Wie Nalda sagt. Eichborn 2002. Gebunden. 192 Seiten. 17,90 Euro. ISBN: 3-8218-0875-6