Brillante Hochgeschwindigkeitsliteratur
Stephan Maus glänzt in „Alles Mafia“ mit einer collagenhaften und von unglaublichen Wortneuschöpfungen strotzenden Prosa, die ebenso aphoristisch-hintersinnig wie grotesk und obszön sein kann.
Mit seinem zweiten Roman „Alles Mafia“ ist Stephan Maus zum kaum noch zu überholenden Hochgeschwindigkeitsliteraten in der jungen deutschen Autorengarde avanciert: im wummernden Techno-Takt und mit 120 beats per minute treibt er diese „Gangsta Rhapsodie“ gnadenlos schnell voran: „Die Metropole war ein unwirtliches Dickicht, ein pfeifender Risikoraum, ein blinkender Pups, ein chiffreartig verschweißter Makrochip, ein Gigafloperlebnispuff, ein hitzig abgewaveter Dudelsack voller Rambazamba-Performance.“ Durch diese urban-brodelnde Szenerie schickt Stephan Maus seine Protagonistin Nina mit „Flitchenpower, Schlampengroove und Girliefunk“.
Mit zappenden und hochsensiblem Bewusstsein ist sie auf der Jagd nach dem ultimativen Kick, sie will jeden „Augenblick häuten“ und „rücksichtlos das Leben einsaugen, hart am Felsabsturz“. So verliebt Nina sich in den undurchsichtiigen Zigarettenschwarzhändler Tan, diese „bambussprossige Luftigkeit“ und lässt sich mit ihm bis zum „sexuellen Wahnsinn“ emporkatapultieren.
Stephan Maus bombardiert den Leser in „Alles Mafia“ mit den bunten Splittern eines implodierenden Kaleidoskopes. Mit schier überschäumender Phantasie läßt der 32jährige dabei im Sekundentakt apokalyptisch-surreale Bilder aufblitzen und jagt das allgegenwärtige Mediengemurmel mit seinen Werbebotschaften, Politikerphrasen und Life-Style-Geschwätz durch seine assoziationsschwangere Schreib-Zentrifuge:
„Mach dich locker, Nina. Peace! Braun werden mit IQ. Hirsch-, Schaf- und Ziegenhäute: bau dir deine eigene Heiltrommel. Sei Qualle, Teufelsrochen. Schweb dich frei. Schnuckel you up, Kraut-*****. Erde dich erst mal. Sei löslich… Denk dich schlank. Smooth!“.
Stephan Maus glänzt in „Alles Mafia“ mit einer collagenhaften und von unglaublichen Wortneuschöpfungen strotzenden Prosa, die ebenso aphoristisch-hintersinnig wie grotesk und obszön sein kann. Die manischen Metropolen- und Medien-Landschaften werden hier dermaßen verdichtet serviert, dass der Leser sich vor einer Überdosis hüten und Stephan Maus nur vorsichtig wie heiß dampfenden Espresso genießen sollte.
Karsten Herrmann
Stephan Maus: Alles Mafia. Rowohlt Berlin, 144 Seiten, 2002.