Geschrieben am 19. April 2004 von für Bücher, Litmag

Scott Snyder: Happy Fish

Poesie des Absturzes

Schön, traurig, komisch, zärtlich und brutal – die Stories des jungen Amerikaners Scott Snyder sind von funkelnden Gegensätzen durchzogen und schlagen den Leser in ihren eigenwilligen Bann.

Lakonisch erzählt Scott Snyder in seinem bemerkenswerten Debut acht Geschichten von skurrilen Helden, die immer in Gefahr sind, sich zum Narren zu machen oder die Kontrolle zu verlieren. Sie sind geschlagen mit einer unglücklichen Liebe, haben den „Eindruck nicht an der richtigen Stelle zu sein“ und stehen immer etwas abseits des Erfolgs. Das Glück ist für sie nur ein vages Versprechen, dem sie sehnsuchtsvoll und auf exzentrische Art und Weise hinterher jagen. Poetisch umkreist und variiert Scott Snyder dabei immer wieder den „letzten, zerbrechlichen Augenblick vor dem Absturz“.

Skurrile Helden

In der Auftaktgeschichte verfolgt Preston so zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts ein Luftschiff, in dem er seine große Liebe Claire vermutet, quer über den amerikanischen Kontinent. Doch kaum hat er das still über die hitzeflirrende Landschaft dahingleitende Luftschiff erreicht, verschindet es wieder in den Wolkenbänken, um erst weit entfernt wieder aufzutauchen. Zurück bleiben für Preston nur Zeichen: „In Cayuga zum Beispiel hatte er einen ihrer Schuhe gefunden, der mitten auf der Straße im Schlamm steckte wie ein Pfeil… Außerhalb von Pittsburgh fand er ihren blumenbesetzten Hut, der in einem Teich trieb, halb von Vögeln zerfressen.“

In der Schwebe

Der 1976 in New York geborene Scott Snyder hält seine wunderbar komponierten Stories oft in einer Schwebe zwischen Märchen und Wirklichkeit und lässt sie offen enden. Seine Prosa ist dabei höchst sinnlich, atmosphärisch dicht und mit überraschenden Bildern gespickt, die sich tief in die Erinnerung graben. Gespannt darf man nun auf den ersten Roman warten, an dem der 27jährige zur Zeit schreibt.

Karsten Herrmann

Scott Snyder: Happy Fish. Stories. Aus dem Amerikanischen von Lutz W. Wolff. DTV Premium, 219 S., 14 Euro.