Geschrieben am 20. August 2014 von für Bücher, Litmag

Said Sayrafiezadeh: Kurze Berührungen mit dem Feind

HB Sayrafiezadeh_24656_MR1.indd„Ich träumte von Größe und Ruhm“

– In acht stilistisch glanzvollen Kurzgeschichten gibt der 1968 in Brooklyn geborene Said Sayrafiezadeh ungeschönte Einblicke in den amerikanischen Albtraum der absoluten Durchschnittlichkeit. Von Karsten Herrmann

Sayrafiezadehs Protagonisten sind ausgesprochene Durchschnittstypen mit Aushilfs- und Bürojobs, mit kleinen Bäuchlein und Haarausfall. Sie sind dort gelandet, wo sie nicht hinwollten, wo weit und breit kein Ausweg in Sicht ist und nur der plakative „Traum von Größe und Ruhm“ bleibt. Sie leben in einem Amerika der Depression, in einem Land, das zu Anfang des Buches kurz vor dem Krieg steht und schließlich in ihn eintritt, sie leben in sterbenden Städten und schlagen sich unspektakulär durch ihr mutloses Leben.

Nur selten kristallisieren sich hier aus einem breiten Strom aus Plackerei und Zukunftslosigkeit kleine Momente des Glücks und der Weite: „Ich hatte zwar kein Ziel, aber einen Moment lang fühlte es sich an, als wäre ich frei.“

Geschult an Carver

In einer an Raymond Carver geschulten Prosa der absoluten Lakonie und Reduktion beschreibt Sayrafiezadeh so eine weithin trostlose und graue Normalität, aus der dann aber plötzlich doch das Monströse und Unfassbare herausbrechen kann – wie in der titelgebenden Erzählung.

Sayrafiezadehs Storys beleuchten mit sprödem Charme ein zutiefst entfremdetes amerikanisches Seelenleben, in dem Vitalität, Freude, Mut, Wut und Aufstand wie verstaubte Anachronismen wirken. Wirklich erquickend ist das auf Dauer auch für den Leser nicht.

Karsten Herrmann

Said Sayrafiezadeh: Kurze Berührungen mit dem Feind. Erzählungen. Übersetzt von Bettina Abarbanell. Hanser Berlin, 2014. 256 Seiten. 18,90 Euro.

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