Geschrieben am 12. November 2011 von für Bücher, Crimemag

Rosie Garthwaite: Handbuch für die gefährlichsten Orte der Welt

Lena Blaudez, selbst in „Krisengebieten“ ziemlich herumgekommen, würdigt einen Reiseführer der etwas anderen Art. Kontext pur für Polit-Thriller …

Verbale Auseinandersetzungen mit Voodoo-Priestern sind tunlichst zu vermeiden

Diesen und andere wichtige Tipps hält das „Handbuch für die gefährlichsten Orte der Welt“ bereit, ein Survival-Kit für und von Journalisten, NGO-Mitarbeitern, Ärzten und anderen, die in den Krisenregionen der Welt arbeiten. Das Buch ist ein Sammelsurium von praktischen Tipps, Anekdoten, Erinnerungen und Geständnissen – zusammengetragen und geschrieben von der britischen Journalistin Rosie Garthwaite, die für [[Al Jazeera]], [[Reuters]] und [[BBC]] berichtet und in [[Doha]], Katar, lebt.

Wer nicht nur wissen will, wie Wiederbelebung richtig geht oder wie man ein Auto kurzschließt, warum man ordentliche Unterwäsche braucht und dass man in islamischen Ländern niemals seine Fußsohlen zeigen sollte, sondern auch, warum man in Hotels in Entwicklungsländern nie höher als im zweiten Stock wohnen sollte (viele Feuerwehrautos stammen aus der alten Sowjetunion und ihre Leitern reichen nicht höher), überhaupt, wer sich an „ungemütlichen Orten“ kürzer oder länger aufhalten will oder muss, der sollte dieses sehr nützliche Büchlein im wasserfesten Einband immer mit sich führen. Vom Kofferpacken bis zum Testament hat die Autorin an alles gedacht und dabei Zitate, berührende Erlebnisse und traumatisierende Erfahrungen mit schockierenden Berichten und lustigen Details verknüpft.

Geistige Umnachtung kann helfen …

Hier sind eine Unmenge vernünftiger und überraschender Tipps versammelt, vom richtigen Hut am Hindukusch im jeweiligen Machtbereich der jeweiligen Hut-Träger bis zur Sicherheit in Hotels, in denen Prostituierte herumhängen, von Knoblauchtabletten gegen Malaria (die Moskitos stehen nicht drauf) bis zur praktischen Geburtshilfe und dem einleuchtenden Rat, in Gefahrenzonen mit gleichgeschlechtlichen Partnern zu schlafen – da kann man nicht schwanger werden. Man erfährt auch, wie man es anstellt, eine Autobombe zu finden und Wasser zu reinigen oder zu überleben, indem man daran denkt, eine Waffe zu entsichern oder gegebenenfalls so zu tun, als sei man geistig umnachtet. Wozu Kondome alles gut sind, wie man Geiselnahmen übersteht und dass sich Wodka prima in Infusionsbeuteln verstecken lässt – all das liest sich aus dem Munde von Leuten mit jahrelanger Erfahrung in lebensgefährlicher Umgebung auch als Einblick in das Alltagsleben von Kriegsberichterstattern, in ihre Gedanken und Gefühle.

Der Generaldirektor von Al Jazeera, Wadah Khanfar, fasst im Nachwort das Wichtigste zusammen. Und das ist: „… ein Verständnis für die Region zu entwickeln, in die man reist. Man kann nirgendwo hin, ohne zu begreifen, was die Menschen dort umtreibt – was ihre Weltanschauung ist und wie sie zur Weltanschauung anderer stehen. Man muss begreifen, wie ihre Wahrnehmung sich von der eigenen unterscheidet.“

Das Handbuch ist eine nützliche, informative und unterhaltsame Lektüre für die Reise an die gefährlichsten Orte der Welt. Und ein kluges Buch über diese Welt überhaupt.

30 Prozent der Tantiemen gehen an die Organisation Ärzte ohne Grenzen.

Lena Blaudez

Rosie Garthwaite: Handbuch für die gefährlichsten Orte der Welt (Being Killed in a Warzone, 2011). Sachbuch. Deutsch von Bernhard Kleinschmidt. Berlin: Bloomsbury 2011. 303 Seiten. 19,90 Euro. Verlagsinformationen zum Buch. Homepage von Lena Blaudez.