Geschrieben am 1. November 2008 von für Bücher, Crimemag

Pentti Kirstilä: Den Göttern trotzt man nicht

Nordisch trocken

Langsam arbeitet sich der Grafit-Verlag mit den Büchern von Pentti Kirstilä in die Gegenwart. Den Göttern trotzt man nicht erschien im Original 1981. Die lange Lagerzeit merkt man ihm kaum an. Findet Frank Rumpel …

Ein Mord auf Sizilien beschäftigt die Polizei in Finnland, denn ermordet wurde ein finnischer Pornohändler. Der Hauptverdächtige ist flüchtig. Auch er ein Finne, der zufällig im selben Ort wohnt wie Kommissar Lauri Hanhivaara, der zur selben Zeit auf Sizilien war.
Völliger Quatsch, mag da mancher denken und genau so scheint es der finnische Autor Pentti Kirstilä am liebsten zu haben: irrwitzig konstruierte Geschichten mit eigenwilligem Personal. Den Göttern trotzt man nicht, der aktuell auf deutsch vorliegende, mittlerweile fünfte Band aus der Hanhivaara-Reihe, ist da keine Ausnahme.

Der Kommissar macht eher widerwillig Urlaub. Er ist verliebt und wäre gerne daheim. Bei seinen Mitreisenden gibt er sich als Versicherungsvertreter aus, weil er seine Ruhe haben will. „Wenn man sich als Polizist zu erkennen gab, benahmen sich die Menschen immer so merkwürdig, als ob sie vergessen hätten, wo ihr Wagen stand.“ Mit der Urlaubsruhe ist es vorbei als Paavo Rantala, der großspurige Pornohändler erstochen auf dem örtlichen Friedhof gefunden wird.

Ein Stein im Mund

Der Verdacht fällt auf Aarno Piskonen, einen jungen Sonderling, der Rantala beschuldigte, ihm am Strand Geld gestohlen zu haben, ihm immer wieder verbal zusetzte und in seiner berechnenden Art fast schon Ripley’sche Qualitäten an den Tag legte. Am Tag des Mordes verschwindet er. Der Pornohändler hatte zuvor Drohbriefe erhalten, die ebenso auf die Mafia verweisen sollten wie der Stein im Mund, mit dem die Leiche gefunden wird. Aber was da so eindeutig scheint, will alles nicht recht zusammen passen.

Zurück in Finnland nimmt sich Hanhivaara des Falles an, zumal Piskonen sich stellt. Er hat einen Privatdetektiv – Hanhivaaras Exkollegen – beauftragt, seine Unschuld zu beweisen. Obwohl viele Indizien auf ihn als Täter deuten, hat die Polizei nichts gegen ihn in der Hand. Allerdings schwemmen die Nachforschungen der Polizei nach und nach auch mögliche Motive weiterer Mitreisenden an die Oberfläche. So schien Rantala zusammen mit einigen Kollegen ein großes, freilich illegales Geschäft zu planen und sein Zimmer teilte er unwissentlich mit einem Mann, dessen Schwester er vor Jahren vergewaltigte.

Zynismus und Intelligenz

Die Erzähler-Perspektive ist die meiste Zeit nah an Hanhivaara, dessen Zynismus dem Ganzen einen kühlen, herrlich trockenen Ton verleiht. Da denkt etwa der Kommissar bei sich, „dass Finnen sich nur in Finnland ermorden lassen sollten. Das würde vielen Menschen Ärger ersparen.“ Und um sein sich positiv entwickelndes Privatleben nicht zu gefährden, wünscht er sich „einfache und klare Messerstechereien, die ihm keine Überstunden abverlangten. Da es nun einmal nicht ohne Verbrechen abzugehen schien, sollten die Leute sie wenigstens tagsüber begehen.“

Spuren und Probleme

Den Göttern trotzt man nicht ist intelligent, aber etwas absehbar konstruiert. Die meisten Figuren sind gewohnt präzise gezeichnet und deren Verwicklungen miteinander so komplex, dass sich bei der Mördersuche stets neue Fährten auftun. Kirstilä liefert alles in allem eine runde Geschichte – und doch macht sich nach der Lektüre etwas Enttäuschung breit. Die Erzählung hat an einigen Stellen Probleme zu überzeugen und ist an anderen Stellen eine Spur zu routiniert. Da ist manche Fährte etwas zu deutlich als Extrarunde gekennzeichnet und die Motive des Täters kann der Autor nicht wirklich glaubhaft vermitteln. Den Göttern trotzt man nicht zählt sicherlich nicht zu Kirstiläs besten Romanen, auf gutem Niveau unterhalten fühlt man sich damit aber allemal, zumindest, wenn man einen leicht bizarren Ansatz zu schätzen weiß.

Frank Rumpel

Pentti Kirstilä: Den Göttern trotzt man nicht. Ein Fall für Lauri Hanhivaara (Jumalia ei uhmata, 1981). Roman. Aus dem Finnischen von Gabriele Schrey-Vasara. Dortmund: Grafit 2008. 251 Seiten. 17,90 Euro.