Das Glück der Bilder
Nach der Lektüre bleibt nur die Erinnerung an einige faszinierende poetische Bilder, in denen Patricia Görg ihr literarisches Talent aufblitzen lässt.
Patricia Görgs Protagonist Maat ist ein einsamer Pendler zwischen den Welten, er ist ein Pendler zwischen dem Heiligen und dem Profanen, zwischen der Ewigkeit und dem Vergänglichen: Jeden Morgen tritt er ein in seine grüne „Museumsschachtel“ mit ihren mythendurchwehten mittelalterlichen Meisterwerken, in denen Heilige ihre Segel setzen, fliegende Fische und Engel erscheinen und das Gold in den Zwischenräumen wächst – und jeden Abend taucht der Heimkommende ein in den bläulichen Schein des Fernsehers, wo im TV-Quiz Wörter durch die Luft sausen und das Glück geraten wird: „Manches Glück ist hunderttausend Mark wert.“
Patrcia Görg erzählt die Geschichte des Museumswärters Maat, für die sie beim letzten Ingeborg Bachmann-Wettbewerb ausgezeichnet wurde, in kurzen, stakkatoartigen Sätzen, die einen ganz eigenen Rhythmus entwickeln. Sie changiert dabei zwischen einer blumig-surrealen Kunstwelt, die mit biblischen Mythen aufgeladen ist und den leeren Glücksversprechen einer hektisch flimmernden und in sich kreisenden Medienwelt. Doch selbst über die kurze Strecke von rund 100 Seiten verliert der allzu schematische Wechsel zwischen diesen antagonistischen Polen seinen dramaturgischen Reiz – und auch der unerwartete Einbruch der Realität in Maats wohlgeordnete und abgekapselte Lebensbahnen vermag hier keine neue Spannung mehr zu erwecken.
So bleibt nach der Lektüre nur die Erinnerung an einige faszinierende poetische Bilder, in denen Patricia Görg ihr literarisches Talent aufblitzen lässt.
Von Karsten Herrmann
Patricia Görg: Glücksspagat. Gebundene Ausgabe – 107 Seiten – Berlin-Vlg., Berlin Erscheinungsdatum: 2000 ISBN: 3827003547