Geschrieben am 29. Mai 2013 von für Bücher, Litmag

Ludwig Hertel (Hrsg.): TOOOR … in Deutschland

Tooor in Deutschland_Schlusskonferenz 50 Jahre BundesligaNullnummer

– TOOOOR … in Deutschland brüllt uns ein Suhrkamp(!)bändchen entgegen und verspricht: die dramatischsten Schlusskonferenzen aus 50 Jahren Bundesliga. Carlo Schäfer schaltet ein (bzw. ab).

Fußballbücher sind Geldmaschinen, spätestens seit 2006. Unzweifelhaft liefert dieser Sport Geschichten, Skandale, Dramatik und nicht zuletzt auf der Ebene des Zitats geradezu surreale Kostbarkeiten. Es gibt die besten Trainersprüche, Spielersprüche, Vorfälle auf dem Spielfeld (Sepp Maier auf Entenjagd, Trainer Rausch von einem Polizeihund in den Arsch gebissen …).

Es gibt Enzyklopädien für knapp am Autismus vorbeischrammende Fans, natürlich jede Menge Zitatsammlungen voller Poesie: „Klinsmann und ich sind ein gutes Trio!“

Und natürlich: Manchmal schon deprimierend, dann aber doch wieder hinreißend auch der Metafußball, grundböse Spielerfrauen, die und ihren Arzt ignorierende Lebemänner auf Abruf, Trainerstinkstiefel und -philosophen, Twilight Hoeneß, der weise gewordene O. Kahn, Präsidiales übers Spiel äußernd, Jesusfreak Klopp, Rampensau und Analyst. Und über allem:

Herr Lothar M., die vielleicht schmerzfreiste Ausgeburt des Balltretens – der Meister der reulosen Dauerblamage, Knospenfrevler, Beziehungsblinder, Weltmann und Halbsprachler.

Aber: Ist denn wirklich alles in Sachen lustig lustig?

Jeden Samstag, gegen Ende der Spiele werden die Radioreporter in raschem Wechsel in eben die „Schlusskonferenz“ geschaltet. Das ist zum Hören manchmal wirklich spannend, aber zum Lesen? Die Beiträge gehen nicht selten über eine Buchseite und verlieren eben dadurch genau das, was sie ausmachen könnte: Tempo. Manchmal wird trotzdem gekürzt (…), warum nicht öfter? Weil’s dann kein Buch mehr würde – tja. Und wenn schon ausführlich, dann doch bitte genau und den Deutschlehrer in den Schrank sperren: Kein Reporter, an keiner Stelle des Bändchens verspricht sich, kein äh … kein öh … – die letzte mögliche Freudenquelle hat man dann auch zugeschüttet.

Es wäre ein Leichtes, sich vorzustellen, was man daraus für eine tolle CD hätte machen können – allerdings mit Mut zur Lücke – Ror Wolf hat das schon zu LP-Zeiten vorgemacht. So aber dürfen wir in ermüdender Ausführlichkeit nachlesen, wann Preußen Münster damals die Latte traf, dass sich auf Schalke, in München, in Hamburg „unbeschreibliche Szenen“ abspielen, die folgerichtig nicht allzu plastisch beschrieben werden. Und damit es gar nicht ins Laufen kommt, brummt „die Redaktion“ (Einpersonenredaktion) immer mal wieder zeilenweise Zusatzinfos in den Text (Am Spieltag zuvor hatte der VfB-Bröckle Inter-Hollstein mit 2:1 bezwungen. Man berechnete die Tordifferenz damals noch … viele Zeilen später: … erst in der Saison 96/97 eingeführt.) Bei Suhrkamp konnte man doch wirklich mit Fußnoten umgehen, das wenigstens.

Andere Informationen fehlen – zwar wird artig die Abschlusstabelle jeder ausgewählten Saison abgedruckt, warum es um die Wendezeit 20, dann wieder irgendwann 18 Vereine waren, wird aber nicht erklärt. Man kann sagen, dass das beim Thema Fußball doch eigentlich scheißegal ist, solange es unterhaltsam daherkommt. Richtig, solange es unterhaltsam daherkommt.

Ne, tut mir leid: Nullnummer.

Carlo Schäfer

Ludwig Hertel (Hrsg.): TOOOR … in Deutschland. Die dramatischsten Schlusskonferenzen aus 50 Jahren Bundesliga. Mit einer Einleitung von Sabine Töpperwien. Berlin: Suhrkamp Verlag 2013. 224 Seiten. 7,99 Euro. Mehr von Carlo Schäfer bei CULTurMAG finden Sie hier, zu seiner Homepage geht es hier.

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