Meta-Krimi, amerikanischer
Es gibt Bücher, die sind nicht gut, die sind nicht schlecht. Sie sind halt einfach so. So wie dieses – Joachim Feldmann ist gutwillig.
Schauspielerinnen ohne Engagement gibt es viele im New York des Jahres 1943. Es ist Krieg, und am Broadway sind Rollenangebote Mangelware. Auch Rosie Winter hat seit einem halben Jahr nicht mehr auf der Bühne gestanden. Also jobbt sie im Büro des Privatdetektivs Jim McCain. Der hat zwar schon eine Sekretärin, doch die scheint eher für andere Aufgaben zuständig zu sein. Der Alltag in der Detektei hat wenig mit dem zu tun, was sich die fantasiebegabte Rosie als eifrige Leserin von Groschenheftchen immer vorgestellt hatte. McCain verdient seine Brötchen vor allem mit der Überwachung untreuer Ehemänner. Es gibt aber auch Klienten, die das Büro nur über die Feuerleiter erreichen, zwielichtige Gestalten, über deren Anliegen keine Akten angelegt werden.
Doch Rosie Winters Langeweile ist ein abruptes Ende beschieden. Wie es sich für einen Kriminalroman, dessen ästhetisches Prinzip der spielerische Umgang mit den Mustern des klassischen Detektivromans amerikanischer Prägung ist, gehört, dauert es keine acht Seiten, bis unsere Heldin auf die Leiche ihres Arbeitsgebers stößt. Diese hängt im Schrank, mittels eines Telefonkabels an der Kleiderstange aufgeknüpft.
Noch’n McGuffin
Das war Mord, weiß die künftige Amateurermittlerin, während die Polizei, auch das kennen wir gut, auf Selbsttötung entscheidet. Und der entschieden unsympathische Lieutenant Schmidt lässt keinen Zweifel daran, dass es ihm gar nicht in den Kram passen würde, wenn jemand anderer Meinung sein sollte. Doch solche Drohungen stacheln Rosies Neugier erst so richtig an. Bald findet sie heraus, dass McCain einem geheimnisvollen Bühnenmanuskript auf der Spur war, an dem noch eine Reihe anderer, in ihren Methoden nicht zimperliche Parteien interessiert sind. Wie weiland der Malteserfalke entwickelt sich das verschwundene Theaterstück zu einem veritablen McGuffin, um den sich die nicht ganz unkomplizierte Handlung dieses mit allerlei postmodernen Erzähltricks aufgemöbelten Kriminalromans rankt. Das ist ganz clever gemacht und sorgt für eine recht kurzweilige Lektüre der immerhin fast 500 Seiten, bis zum halbwegs glücklichen Ende.
The War Against Miss Winter ist das Romandebüt der studierten Theaterwissenschaftlerin Kathryn Miller Haines. (Der deutsche Titel Miss Winters Hang zum Risiko scheint mir in seiner deutlichen Orientierung an Peter Hoegs Bestseller Fräulein Smillas Gefühl für Schnee ziemlich peinlich.) Im kunterbunten neuen Krimiprogramm des Suhrkamp Verlags ist das Buch offenbar als Angebot für ein eher nostalgisch gestimmtes Lesepublikum gedacht, dem man mit kleinen literarischen Spielereien eine Freude machen kann. Der Untertitel Rosie Winters erster Fall lässt vermuten, dass es nicht bei diesem einen Auftritt bleiben wird und die beiden, in den USA bereits erschienenen Folgebände mit weiteren Abenteuern der wortgewandten Hobby-Detektivin ebenfalls übersetzt werden.
Joachim Feldmann
Kathryn Miller-Haines: Miss Winters Hang zum Risiko. Miss Winters erster Fall. (War Against Miss Winter, 2007): Roman.
Deutsch von Kirsten Riesselmann.
Frankfurt am Main: Suhrkamp 2009. 488 Seiten. 9,95 Euro.