Weltoffenheit als Schicksal
– Der Philosoph Karl Löwith schreibt über Japan.
Von Joe Paul Kroll.
„Ein paar Jahre im Fernen Osten sind für ein kritisches, das heißt differenziertes Verständnis unserer selbst fast unerlässlich.“ – Karl Löwith
Es zeugt vom stoischen Temperament des deutsch-jüdischen Philosophen Karl Löwith (1897-1973), dass er noch in einem Exil, das ihn von einem Bundesgenossen des Deutschen Reiches zum anderen führte, ein Gutes zu sehen vermochte: „Die Emigration führte mich durch eine Reihe glücklicher Zufälle, die man gern Schicksal nennt, über Rom nach einer japanischen Universität,“ schrieb er in seinem Lebensbericht, den er im dritten, endlich sicheren Land seiner Flucht um beinahe den ganzen Erdkreis verfasste, in den USA.
Dass Löwith den Aufenthalt in Rom selbst unter dem Faschismus als Glück empfinden konnte, zeugt nicht nur von der Verschärfung der Lage in Deutschland – noch die letzten Zugeständnisse an jüdischstämmige „Frontkämpfer“ in akademischen Würden waren 1935 entfallen –, sondern auch davon, wie sehr die europäische Antike Maßstab von Löwiths Denken blieb. Unter diesen dennoch nur Böses verheißenden Umständen – Mussolini sollte bald die deutschen Rassegesetze übernehmen – verfasste Löwith ein Buch, das eine implizite Abrechnung mit dem philosophischen Radikalismus nicht zuletzt seines Lehrers, Martin Heidegger, darstellte: Eine Monographie über den Historiker Jacob Burckhardt, den er als Geistesaristokraten charakterisierte, dessen Mäßigung nie zum Mittelmaß hinabgestiegen sei.
Löwith reiste 1936 nach Japan, um eine Professur an der Tohoku-Universität in Sendai anzutreten.[1] Er wurde zu keinem unkritischen Bewunderer des Orients, doch für einen Bewunderer antiker Ideale musste die Begegnung mit einer vom Christentum unberührt gebliebenen Kultur, mit dem „urwüchsige[n] Heidentum“ Japans ein prägenden Erlebnis werden. So kam es, auch wenn Löwith sich nie zu der Illusion hinreißen ließ, die Philosophie könne einen gänzlich vormodernen Horizont wiedergewinnen. Doch schon auf der Überfahrt auf einem japanischen Schiff deutete sich zumindest eine Klärung der Lage der deutschen Philosophie seit dem Idealismus an: „Wer kann es heute noch wagen, die Geschichte der Welt so wie Hegel eindeutig bis Christus und von Christus und von Osten nach Westen zu konstruieren?“[2] Löwith sah keinen Sinn darin, diesen Gang analog zu seiner eigenen Reise zwanghaft umzukehren, doch die Frage nach dem Selbstverständnis, der Selbstverortung der Philosophie in einer nachreligiösen Moderne sollte sein Lebensthema bleiben. Auf die Entwicklung seines Denkens in dieser Zeit werfen zwei seiner hier erstmals ins Deutsche übersetzten Schriften über Japan ein Streiflicht.
Geschichtslose Gebundenheit
Dies ist keine vollständige Ausgabe der „japanischen Schriften“ Karl Löwiths. Zu diesen wären mindestens noch seine Tagebuchaufzeichnungen der Reise und seine späteren autobiographischen Rückblicke zu zählen, einschließlich eines 1959 entstandenen, bislang unveröffentlicht gebliebenen Manuskripts unter dem Titel „Japan Revisited“ sowie der „Bemerkungen zum Unterschied von Orient und Okzident“ von 1960. Dennoch enthalten die hier versammelten Aufsätze wohl die wesentlichen Punkte in Löwiths Auseinandersetzung mit Japan, in der sich Sympathie und Befremden die Waage halten. Dass diese Skepsis nie in Polemik umschlägt, ist bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass es sich hier um für Zeitschriften verfasste Artikel handelt die, 1943 erschienen, amerikanischen Lesern die Mentalität eines anderswo oft als kaum menschlich dargestellten Feindes begreiflich machen sollten.
Am ehesten klingt dieser Charakter von „Kriegsschriften“ noch im Untertitel des Essays „Der japanische Geist“ an: „Ein Porträt der Mentalität, die wir verstehen müssen, wenn wir siegreich sein wollen“. Man darf sich zwar fragen, ob dieser Titel nicht eher als von Löwith von einer Redaktion (in diesem Fall der Zeitschrift Fortune) stammt, die dem Text auf diesem Weg noch etwas Eindeutigkeit verpassen wollte. Dennoch kann man die im Vorwort geäußerte Einschätzung des FAZ-Redakteurs Lorenz Jäger, es handele sich hier um einen (für Löwith) „charakteristischen“ Untertitel, insofern teilen, als das Verstehen im Vordergrund steht, auch wenn Löwith sich, gerade in Bezug auf die Verbindung von Nationalismus, Militarismus und Religion, mitunter sehr kritisch gegenüber der japanischen Kultur und ihren politischen Folgen äußert.
Lorenz Jäger, der selbst drei Jahre in Japan gelebt und gelehrt hat, verortet Löwith unter Zeitgenossen wie Kurt Singer, dessen Buch „Spiegel, Schwert und Edelstein“ ebenfalls auf im Exil gemachten Erfahrungen beruht. Jäger erkennt aber auch, dass Löwith hier auch als Philosoph schreibt. Denn die Begegnung mit der japanischen Kultur eröffnete Löwith einen neuen Blick auf zwei seiner großen Themen: Das Subjekt in der Welt und der Mensch in der Geschichte. Die Leitbegriffe seiner Habilitationsschrift – „Das Individuum in der Rolle des Mitmenschen“ bestimmen auch Löwiths Vorstellung der „orientalischen“ Persönlichkeit, wie er an anderer Stelle ausführt: „Japaner und Chinesen sind nicht in erster Linie für sich existierende ‚Individuen‘, sondern Mitmenschen, mit Vorfahren und Nachkommen, Söhne und Väter, Erzeugte und Zeugende innerhalb der Ahnenreihe eines Familienstamms.“[3] Diese umfassende Ordnung schließe auch Politik und Religion ein, was nur „bei einem Volk möglich [ist], dessen Individuen keine emanzipierten Persönlichkeiten sind, die sich nach ihrer eigenen Meinung und nach ihrem eigenen Gewissen für eine religiöse und politische Zugehörigkeit entscheiden.“
Claude Lévi-Strauss hat die Differenz zwischen westlichen und östlichen Subjektbegriffen in ein sinniges Bild gefasst: Hier sei das Subjekt zentrifugal, stets Bindungen abschüttelnd, dort zentripetal, gebunden in überpersönliche Ordnungen.[4] Denn natürlich will auch Löwith nicht behaupten, es gehe den Japanern jegliche Subjektivität ab, nur fehlten bestimmte in der platonisch-christlichen Tradition verankerte Dualismen. Dies bedeute jedoch auch, dass die politische Ordnung Japans nicht in westlichen Begriffen zu fassen sei: „Der totalitäre Staat des Westens zielt auf die völlige Auflösung der bürgerlichen Gesellschaft […]. Das japanische Volk ist keine moderne bürgerliche Gesellschaft, sondern eine uralte historische Gemeinschaft“, eine Einheit von Staat, Kultus und Nation. Mehrfach betont Löwith den Neid, den dies bei Beobachtern aus dem nationalsozialistischen Deutschland verursacht habe, die krampfhaft und doch vergeblich ein vergleichbares Gebäude zu errichten versuchten.
Das japanische Bewusstsein einer Verortung in einer überzeitlichen, durch Patriotismus und Familiensinn geprägten Gemeinschaft schlage sich auch im geschichtlichen Bewusstsein nieder, das sich vom europäischen radikal unterscheide: „Die gesamte Bewegung der Geschichte ist wie die reglose Bewegung eines Wasserfalls, der die deutlich definierte Form eines Bandes hat und doch völlig formlos ist, sich ständig verändert und doch immer gleich bleibt.“ In diesem Zusammenhang bietet sich der in der Jahrhundertmitte zu Prominenz gelangte Begriff des „Posthistoire“ an, ein Zustand in dem – um in den Begriffen Löwiths zu reden – eine Verbindung zwischen Weltgeschichte und Heilsgeschehen nicht mehr vorstellbar ist, sich dieses nicht mehr in jener abbilden lässt. Allgemeiner gesprochen: Ereignisse geschehen noch, doch sie stehen in keinem Zusammenhang, lassen sich nicht mit Blick auf ein geschichtliches Entwicklungsziel einordnen oder erklären. Solche Kategorien fehlten dem japanischen Geschichtsbild völlig, wodurch es – so der russisch-französische Philosoph und Hegel-Exeget Alexandre Kojève – gerade zukunftsweisend sei: Die Japaner hätten schon in der Edo-Zeit (ab Anfang des 17. Jahrhunderts) eine posthistorische Existenz geführt, als das Heraustreten des Adels aus der politischen Existenz die Kanalisation ihrer Energien in „snobistische“ Bahnen ermöglicht habe: Die Japaner seien in der Lage, „gemäß vollkommen formalisierter Werte zu Leben, das heißt gemäß Werten, die jeglichen menschlichen Inhalts im ‚historischen‘ Sinne entbehren.“[5]
Gerade auf dieser ästhetischen Ebene findet Löwith viel Bewundernswertes an der japanischen Kultur, etwa „in ihrem Bemühen, durch einen einzigen paradoxen Satz, durch ein siebzehnsilbiges Gedicht oder durch einen einzigen Pinselstrich das Wesen des Universums hervortreten zu lassen.“ Respekt zollt er auch dem „feinen Geschmack“ und der ausgesuchten Höflichkeit der Japaner. Doch während sich hierin die uralte Einheit der japanischen Kultur ausdrücke, habe die japanische Lebensart durch den Aufeinanderprall alter Traditionen mit der westlichen Moderne eine Spaltung erfahren. Die Japaner betrögen sich, wenn sie meinten, ihnen sei eine Synthese gelungen. Vielmehr litten sie an einer „zwiespältige[n] Haltung zur westlichen Zivilisation“, sie fühlten zugleich „Minderwertigkeit und Überlegenheit“. Seien sie auch in der Lage, selbst die westliche Philosophie zu imitieren, so sei dieses Unterfangen durch „Sterilität“ gekennzeichnet.
Dieser Vorwurf einer Pseudomorphose oder einer sterilen Hybridität klingt hart. Unter diesem Aspekt kann man denn auch, wiederum mit Lorenz Jäger, durchaus von „Kriegsschriften“ Löwiths sprechen, „insofern, als er das Widersprüchliche im Nationalgeist sieht, das Amalgam aus Ost und West, und zwar als einen Mangel, als einen ‚Komplex‘.“ Diesen zu bewältigen fehle Japan, wie Löwith schon früher bemerkte, eine wesentliche Fähigkeit: die zur (Selbst-)Kritik.[6] Anstatt der Kritik, könnte man verkürzend sagen, kenne man in Japan den ehrenhaften, doch nichts erklärenden, nichts schaffenden Selbstmord.
Das Selbstverständnis geschärft
Löwiths Aufenthalt in Japan verlief überwiegend angenehm, auch wenn der lange Arm der Nationalsozialisten und Begegnungen mit regimetreuen Landsleuten ihm schon zu Anfang zusetzten. Der Umgang mit seinen japanischen Studenten und Kollegen scheint von echter Sympathie getragen gewesen zu sein, und es war schließlich eine produktive Zeit: In Sendai entstand sein vielleicht wichtigstes Buch, das Werk, das seinen Ruhm begründete: „Von Hegel zu Nietzsche“. Von diesem schrieb später Jacob Taubes, dass ihm alles, was er zuvor über die Geistesgeschichte des 19. Jahrhunderts gelesen hatte, danach „schal und irrelevant“ vorgekommen sei.[7] Löwith beschreibt den Zerfall der Systeme des deutschen Idealismus und damit das Ende einer einheitlichen Entwicklung der Philosophie, die noch die Versöhnung mit dem Christentum suchte. Die Philosophie wurde offen atheistisch und radikal subjektivistisch, sie wurde zu dem, was Boris Groys später „Anti-Philosophie“ nennen sollte. Es war die Inkubationszeit des Nihilismus und – so wiederum Taubes – des „Weltbürgerkrieges unserer Generation“, der revolutionären Bewegungen vom Vormärz bis weit ins 20. Jahrhundert.
Mit der Geistesgeschichte des 19. Jahrhunderts wollte Löwith auch den Verlust einer geistigen Behausung des Menschen nachzeichnen: „Marx und Kierkegaard war die Welt fremd geworden, in die sich Hegel noch ‚eingehaust‘ hatte […]. Und vollends Nietzsche war nirgends mehr zu Hause, sondern ein ‚Übergang‘ und ein ‚Untergang‘, so daß er sogar im griechischen Dasein nicht mehr die existierende Heimatlichkeit und den plastischen Sinn erkannte […].“[8] – Nun war Löwiths Heimatlosigkeit bei Vollendung des Buches im Frühjahr 1939 von einer ganz konkreten Art. Doch „Von Hegel zu Nietzsche“ zeigt, dass die Prekarität des Emigrantendaseins Löwith nicht von der geistigen Krise seiner Zeit ablenkte. Japan zeigte ihm hierfür keine Lösung auf; es führte ihm allenfalls vor Augen, wie die Einheit von Mensch und Kosmos einmal ausgesehen haben mag – und wie schwer sich eine solche Kultur darin tat, Einflüsse von außen produktiv aufzunehmen, sich also nach Preisgabe einer hermetischen Selbstabschottung eine Identität zu bewahren. Ein Urteil, ob Löwith hiermit das Dilemma des japanischen Modernisierungs- und Verwestlichungsprozesses getroffen hat, soll Kennern des Landes überlassen bleiben. Dem Außenstehenden immerhin scheint es, als habe Japan zahlreiche Eigenarten über eine katastrophale, die Grundlagen des eigenen Selbstverständnisses erschütternden Kriegsniederlage bis ins 21. Jahrhundert hinein bewahrt, und Lorenz Jäger kommt zu dem Schluss, dass Löwith dazu neigte, die „immanenten Potenziale der japanischen Moderne zu übersehen.“ Tatsächlich könnte sich die japanische Distanz zum westlichen Fortschritt noch in anderer Hinsicht als wegweisend zeigen: Seit gut zwei Jahrzehnten gibt ein Beispiel dafür, wie eine alternde Gesellschaft auch ohne nennenswertes Wirtschaftswachstum stabil bleiben kann. Eine solche „steady state“-Ökonomie mag auch uns bevorstehen, die wir uns scheuen, uns vom Gedanken eines unendlichen Wachstums zu verabschieden.
So sehr er sich im Rückblick beeindruckt gab vom „lebendigen[n] echten[n] Heidentum, wie ich es vorher nur aus Schulbüchern über römische + griechische Kultur kannte“,[9] so verließ Karl Löwith Sendai doch im Januar 1941 mit gemischten Gefühlen: „So starten wir also zum zweiten Mal – ohne viel Illusionen über das zu erwartende und ohne viel Bedauern und Anhänglichkeit an die viereinhalb Jahre Japan. Das doch ein grosses Glück, eine freiherrliche Stellung, eine grosse Bereicherung und Erfahrung und ein wunderbares Land war.“[10] Die Frustration darüber, abermals aus einer immer bedrohlicher werdenden Umgebung fliehen zu müssen, wird selbst beim für seinen Gleichmut bekannten Löwith eine Rolle gespielt haben.
Dass Löwiths japanische Zeit dennoch langfristig fruchtbar für sein Schaffen war, beweist neben Löwiths expliziten Rückblicken auch der weitere Gang seines Denkens. Der Aufenthalt in einer bis in ihre geistigen Fundamente hinein andersartigen Gesellschaft scheint seinen Blick auf die eigenen Traditionen abermals verschärft zu haben, was sich nicht nur anhand der in und zu Japan entstandenen Schriften zeigt, sondern gerade an einem noch umfassenderen Versuch, die abendländische Geistesgeschichte zu rekapitulieren: Seiner einflussreichen Kritik der dem westlichen Denken durch die christliche Eschatologie auferlegten Hypothek, die er in „Meaning in History“ (1949, dt. „Weltgeschichte und Heilsgeschehen“, 1953) formulierte, sowie an den anschließenden Schriften, in denen immer wieder dem in der Moderne problematisch gewordenen Weltbezug des Menschen nachging.
Sieht man von Ausnahmen wie dem Weltreisenden Hermann Graf Keyserling ab, haben deutsche Philosophen ihre Einsichten schon immer eher in Studierstuben, allenfalls noch bei Besuchen antiker Ruinen, gewonnen. So bleibt die schlichte Feststellung, dass Karl Löwith für einen selbst für einen Emigranten ungewöhnlich viel und weit in der Welt herumgekommen ist. Es führte gewiss zu weit, diese Tatsache direkt auf einen Aspekt seiner Philosophie beziehen zu wollen, schon gar nicht auf einen so vagen wie Löwiths „Weltoffenheit“. Doch seine japanischen Schriften sind das bemerkenswerte Zeugnis eines Denkers, der bereit war, von seiner eigenen Herkunft in ungewöhnlichem Maße abzusehen und der Fremde nicht romantisierend, sondern im echten Bemühen um Verständnis zu begegnen.
Joe Paul Kroll
Karl Löwith: Der japanische Geist. Aus dem Englischen von Alexander Brock. Mit einem Vorwort von Lorenz Jäger. Berlin: Matthes & Seitz, 2013. 80 Seiten, 10 Euro. Abbildung 1: Karl Löwith von Falk Nordmann, Quelle: Matthes & Seitz. Abbildung 2: Utagawa Hiroshige (1797-1858): „Abendschauer über der großen Brücke in Atake“, Quelle: Wikimedia Commons.
[1] Einen hervorragenden Überblick über Karl Löwiths Zeit in Sendai gibt die Darstellung von Wolfgang Wilhelm, „Drei bedeutende deutsche Denker in Sendai: Herrigel, Löwith, Singer. Ein Kapitel internationaler Wissenschaftsgeschichte. Teil II: Karl Löwith“. Jahresmitteilungen der japanisch-deutschen Gesellschaft Sendai, Heft 2, 1985, S. 25-45. 2010 war dieser Text noch online verfügbar, doch es scheint, als habe der Tsunami im März 2011 auch die Tätigkeit der JDG Sendai in Mitleidenschaft gezogen.
[2] Karl Löwith, „Von Rom Nach Sendai. Von Japan nach Amerika. Reisetagebuch 1936 und 1941“. Marbach: Deutsche Schillergesellschaft, 2001, S. 67.
[3] Karl Löwith, „ Bemerkungen zum Unterschied von Orient und Okzident“ (1960), in ders., „Sämtliche Schriften“, Bd. 2, Stuttgart: Metzler, 1983, S. 571-601, hier S. 581.
[4] Claude Lévi-Strauss, „Die andere Seite des Mondes. Schriften über Japan“. Dt. von Eva Moldenhauer. Berlin: Suhrkamp 2012, S. 47.
[5] Diese Fußnote zur zweiten Auflage der „Introduction à la lecture de Hegel“ hat Jacob Taubes übersetzt, sie fehlt in der deutschen Ausgabe und ist zitiert nach Alexandre Kojève, „Überlebensformen“, Berlin: Merve 2007, S. 45.
[6] „Der europäische Geist ist nicht zuletzt ein Geist der Kritik, welcher zu unterscheiden, zu vergleichen und zu entscheiden versteht. […] Die Kritik ist geradezu das Prinzip unseres Fortschritts, indem sie, was immer besteht, von Schritt zu Schritt auflöst und fortbewegt. Der Orient erträgt nicht solche rücksichtslose Kritik, weder an sich noch gegen andere geübt, in der aller europäische Fortschritt begründet ist.“ So steht es in einer weiteren kleinen japanischen Schrift Löwiths, nämlich im 1940 entstandenen, an die Abhandlung „Der europäische Nihilismus“ angehängten „Nachwort an den japanischen Leser“. Dort heißt es, der Text sei zu verstehen als „[e]ine Rechtfertigung der europäischen Selbstkritik und eine Kritik der japanischen Selbstliebe.“ Dort geht er auch bereits der Frage nach, „1) was Japan von unserer Zivilisation, und 2) wie es sie übernahm.“ Löwiths Antwort lautet sinngemäß, wie auch in den späteren Schriften: Vor allem Technisches, und das äußerlich. Dennoch wäre es nicht uninteressant gewesen, auch diesen Text in die Sammlung aufzunehmen, gerade weil er noch in Japan entstand, sich direkt an japanische Leser wandte und noch nicht im Bestreben geschrieben war, den Amerikanern einen Kriegsgegner verständlich zu machen. Zitiert nach Löwith, „Sämtliche Schriften“, Bd. 2, Stuttgart: Metzler, 1983, S. 533, 534.
[7] Jacob Taubes, „Ad Carl Schmitt. Gegenstrebige Fügung“. Berlin: Merve, 1987, S. 8.
[8] Karl Löwith, „Von Hegel zu Nietzsche. Der revolutionäre Bruch im Denken des neunzehnten Jahrhunderts“ (1941). Stuttgart: Kohlhammer, 31953, S. 191.
[9] Karl Löwith, Brief an Eric Voegelin vom 31. März 1945, in dies., „Briefwechsel“. Sinn und Form 59:6 (2007): S. 765-794, hier: S. 782. Thomas Pekar vermutet, es sei gerade dieser ständige Vergleich mit der europäischen Antike gewesen, der Löwith an einem echten Verständnis der japanischen Kultur gehindert habe. Siehe hierzu ders., „Jüdisches Exil in Ostasien, vor allem in Japan (1933-1945)“, in Johannes F. Evelein (Hg.), „ Exiles Traveling: Exploring Displacement, Crossing Boundaries in German Exile Arts and Writings 1933-1945“, Amsterdam: Rodopi, 2009, S. 51-72, hier S. 67.
[10] Löwith, Reisetagebuch, S. 100.