Geschrieben am 15. Mai 2010 von für Bücher, Crimemag

Jarad Henry: Blutrote Nacht

Nicht überzeugend

Global Crime allerorten, die sexy Formel unserer Tage. Und wenn eine Welle losbricht, dann wird vieles hochgespült. Manches davon hätte lieber weiter vor sich hin gegründelt. So wie ein Roman von Jarad Henry aus Australien. Joachim Feldmann verrät, warum …

„In diesem Augenblick traf ich die Entscheidung“, lässt uns der vom Dienst suspendierte Dectective Rubens McCauley wissen. „Ich würde nach Melbourne zurückkehren, Dallas Boyds Mörder finden und dafür sorgen, dass Dallas und Rachel Gerechtigkeit widerfuhr.“

Dies kommt für die Leser des australischen Thrillers Blutrote Nacht nicht überraschend, obwohl der wackere Ermittler noch knappe fünfzig Seiten zuvor, „die Entscheidung, alles zu verdrängen“, getroffen hatte. Allerdings befinden wir uns gerade ungefähr auf der Hälfte des Romans und es wird noch knapp 120 Seiten dauern, bis McCauley auf die Frage seiner Kollegin Cassie, was er denn nun vorhabe, antworten wird: „Ich will ihn finden.“

Dieser Wunsch geht im nächsten Kapitel in Erfüllung, allerdings anders als es sich McCauley gedacht hat. Und bis der Fall vollständig aufgeklärt ist, füllt der Kriminologe noch weitere sechzig Seiten seines Debütromans mit einem als zusätzlicher Nervenkitzel gedachten Endspurt.

Gähn …

Denn wie es sich für einen zünftigen Thriller gehört, ist des Rätsels Lösung ein wenig komplizierter als vermutet, und unser Ermittler muss sich noch einmal in Lebensgefahr begeben, bevor er den wahren Mörder am Schlafittchen hat. Einfacher hat es da der routinierte Leser, dem eben jene Figur von Anfang an als der wahrscheinlichste Kandidat für die Rolle des Mannes mit dem Doppelleben verdächtig ist.

Blutrote Nacht also weist alle Ingredienzien auf, aus denen heutzutage genreübliches Lesefutter zubereitet wird. Ein aufrechter Polizist, der Ärger mit seinen Vorgesetzten hat und mitunter sein kompliziertes Privatleben kaum im Griff hat, klärt gegen alle Widerstände ein Gewaltverbrechen auf und bringt durch seine Ermittlungen auf der „dunklen Seite Australiens“ (Klappentext) Ungeheuerliches ans Licht.

Der Vorteil eines literarischen Produktes dieser Güteklasse liegt allerdings darin, dass es durch die Übersetzung in ein merkwürdig synthetisch klingendes Deutsch, das mit Formulierungen wie „für den Moment“ aufwartet, kaum Schaden nimmt.

Joachim Feldmann

Jarad Henry: Blutrote Nacht (Blood Sunset, 2008). Roman.
Aus dem australischen Englisch von Ursula Walter.
Berlin: Aufbau Verlag 2010. 391 Seiten. 9,95 Euro.

| Joachim Feldmann bei Am Erker
| Homepage von Jarad Henry