Geschrieben am 21. Februar 2004 von für Bücher, Litmag

Ignacio Garcia-Valino: Der kirschrote Schuh

Dümpelnde (Liebes-) Suche

Der junge spanische Autor Ignacio Garcia-Valino überzeugt zu Anfang dieser Geschichte durchaus mit seiner poetisierten und reizvoll flanierenden Großstadtprosa. Doch im Fortgang des Buches verflachen sowohl – zumindest in der Übersetzung – Sprache wie Spannungsbogen und Ignacio Garcia-Valino verfällt zunehmend in einen banalen bis pseudo-philosophischen Plauderton.

Eine verzwickt-verwickelte „ménage à trois“ bildet den fast klassischen Ausgangspunkt für Ignacio Garcia-Valinos Roman „Der kirschrote Schuh“: Im Kampf um die Liebe der mysteriösen Sara, die später einmal als „ein Polyeder mit scharf geschliffenen, gläsernen Kanten“, als eine „Katastrophentombola“ beschrieben werden wird, sind aus den ehemaligen Freunden Juan und Pola misstrauische Rivalen geworden.

Im nächtlichen Madrid treffen die drei zufällig aufeinander und kurz darauf verschwindet die Nichtschwimmerin Sara auch schon in einem schlammigen See – nur ihr kirschroter Schuh bleibt im leeren Ruderboot zurück. Für Juan und Pola beginnt eine verzweifelte Suche im Labyrinth der Stadt und auch der undurchsichtigen Gefühle: „Was hat es auf sich mit der Angst, die uns hinter allen Ängsten erwartet, mit der namenlosen Angst.“

Der junge spanische Autor Ignacio Garcia-Valino überzeugt zu Anfang dieser Geschichte durchaus mit seiner poetisierten und reizvoll flanierenden Großstadtprosa. So beschwört er den giftigen Zauber der Metropolennächte und fügt den abertausenden von Mondmetaphern in der Literaturgeschichte noch weitere erstaunliche Varianten hinzu: „Der Mond sah aus wie eine Melonenschnitte“ oder auch „wie eine verbeulte Seifenblase.“

Doch im Fortgang des Buches verflachen sowohl – zumindest in der Übersetzung – Sprache wie Spannungsbogen und Ignacio Garcia-Valino verfällt zunehmend in einen banalen bis pseudo-philosophischen Plauderton. So dümpelt die Geschichte mit fortschreitender Nacht so lange durch die verschiedenen Stadtteile und Mentalitäten Madrids, bis das Interesse am geheimnisvollen Schicksal der verschwundenen Sara gen Null tendiert – und auch die Auflösung vermag hier keine große Wende mehr herbeizuführen.

Textauszug:
„Obwohl sie auf einem Barhocker saß und die Beine übereinandergeschlagen hatte, reichten ihre strumpflosen, langen Beine bis auf den Boden, und der dunkle Minirock bildete auf dem Oberschenkel eine harte Falte. So sah sie Sergio Pola, kaum hatte er die Tür durchschritten und mit angehaltenem Atem durch den Vorhang aus Rauch gespäht, und er dachte, wie langsam doch die Tage vergehen konnten, wenn man auf etwas wartete, und dass Sara in einer gut gefüllten Kneipe nur eine von vielen Frauen war…“

Karsten Herrmann

Ignacio Garcia-Valino: Der kirschrote Schuh. Luchterhand, 316 S., 42 DM. ISBN 3-630-87085-6