Geschrieben am 26. März 2011 von für Bücher, Crimemag

Fürst/Krautkrämer/Wiemer (Hg.): Untot. Zombie Film Theorie

Untot – Zombie Film Theorie

– Sind Zombies die Prolls unter den Horrorfiguren? Nicht so schnell und auch nicht so hell in der Birne? Tina Manske hat ein bisschen Zombie-Theorie gelesen …

Bei der letzten Berlinale war natürlich auch wieder Bruce LaBruce in Berlin. In diesem Jahr stellte der Porno-Regisseur allerdings keinen neuen Film vor, sondern es wurde eine Dokumentation über ihn und sein Schaffen präsentiert („The Advocate for Fagdom“ von Angélique Bosio, sehr sehenswert). Und da war schon gleich wieder klar, wer in Sachen Zombies und Sex auf dieser Erde die Hosen anhat bzw. sie so richtig runterlässt. Bruce Labruces Filme sind explizit und brutal, sie provozieren, aber niemals um der Provokation willen. Und sein „Otto; Or, Up with Dead People“, in denen schwule Zombies ihre Opfer in die Bauchhöhle ficken, ist wie alle Bruce LaBruce-Filme hochpolitisch.

Und damit sind wir beim Thema, denn auch die Herausgeber von „Untot in den Medien“ (grrrr – aber keine Angst, es handelt sich nicht um die Biografie von Johannes Heesters) schenken dem Kanadier LaBruce eine Menge Aufmerksamkeit. Hochpolitisch ist im Übrigen so mancher Zombiefilm. Schließlich sind die lebenden Toten die perfekte Metapher für alle Ausgestoßenen dieser Erde, und das macht dieses Genre für Philosophen und sogar für politische Kommentatoren so interessant.

Exzess!
Zombieland

Zombieland

Die Herausgeber von „Untot“ decken die voraussehbare Bandbreite ab, das aber mit viel Verve. Angefangen bei Georg A. Romeros Klassiker „Night of the Living Dead“ aus dem Jahr 1968 bis hin zu den neueren Zombie-Flicks, wie zum Beispiel dem großartigen „28 Days Later“ von Danny Boyle (der das Genre 2002 wieder einmal auf eine neue Ebene hob und die Zombies unter anderem schnell machte), kann man sich in dem Buch über die wichtigsten Filme informieren. Neben der Geschichte des Zombiefilms aber werden auch die wichtigsten Theorien verhandelt: Die Autoren machen sich unter anderem Gedanken über – natürlich – Geschlechteraspekte und die Rassen- und Sexualproblematik im klassischen Zombiefilm, über Queerness und Genderfragen, aber auch, im eigentlich interessantesten Abschnitt, über „Theorien der Zombifizierung“. Da kann man dann darüber lesen, wie der Zombie als Figur des Exzesses und der Ausgrenzung funktioniert oder was das „Uncanny Valley“ in der Bildtheorie des Zombiefilms bedeutet. Sehr lesenswert auch das Interview mit unserem Lieblings-Kriminalbiologen Dr. Mark Benecke, der unter dem Titel „Psychopath_innen sind nichts anderes als kultivierte Zombies“ unter anderem darlegt, welche klinischen Faktoren zu Zombieklischees geführt haben.

Insgesamt ist „Untot“ eine sehr gelungene Einführung in das Thema, und die anhaltende Beliebtheit des Genres dürfte genügend Gelegenheit dazu geben, das angelesene theoretische Wissen im Kinosessel praktisch zu vertiefen.

Tina Manske

Michael Fürst/Florian Krautkrämer/Serjoscha Wiemer (Hg.): Untot. Zombie Film Theorie. München: Belleville Verlag 2010. Gebunden. 302 Seiten. Zahlr. Abbildungen. 28,00 Euro.
Verlagsinformationen zum Buch