Geschrieben am 20. Februar 2013 von für Bücher, Litmag

Dave Eggers: Ein Hologramm für den König

Dave_Eggers_Ein_Hologramm_Für_den_KönigDie Globalisierung und ihrer Verlierer

Dave Eggers ist einer der wenigen Autoren, die sich in ihren Werken beständig im Grenzgebiet zwischen Wahrheit und Fiktion bewegen und dies auch noch mit einem breit gefächerten gesellschaftlichen Engagement verbinden. Nach seinem vielfach ausgezeichneten Tatsachenroman „Zeitoun“ führt er dem Leser in „Ein Hologramm für den König“ nun eine sich selbst ad absurdum führende wirtschaftliche Globalisierung vor Augen. Von Karsten Herrmann

Im Zentrum seines neuen Romans steht der alternde Alan Clay, Inhaber einer Ein-Mann-Consultingfirma, geschieden und so gut wie pleite. Nun hofft er auf einen großen Deal in Saudi Arabien, wo die von ihm vertretene Firma ein holografisches Telefonkonferenzsystem für eine futuristische Retortenstadt verkaufen möchte. Zusammen mit einem Team junger Techniker wartet er in einem Zelt auf den großen Präsentationstermin, zu dem König Abdullah höchstpersönlich kommen soll.

Doch die Tage streichen ins Land und Alan ergeht sich – zwischen Hoffen und Bangen – in Erinnerungen an sein bisheriges Leben und in Gedanken an seine Tochter, deren Studiengebühren er bald nicht mehr zu zahlen vermag. Eine Geschwulst an seinem Nacken beschert ihm dabei das Gefühl, „dass da irgendwas wuchs, an ihm nagte, ihm die Lebenskraft raubte, alle Klarheit und Zielstrebigkeit auspresste.“

Doch die Ursache liegt woanders: Alan Clay, der als Vertreter für amerikanische Produkte seine Berufslaufbahn startete, ist in einem globalisierten Wirtschaftssystem am Endpunkt angekommen. Beispielhaft ist das Schicksal der legendären (und realen) Fahrradfirma „Schwinn“, bei der er einst die Produktion nach Asien verlagern musste und so seinen eigenen Arbeitsplatz vernichtete: „Wer hätte voraussagen können, dass die Welt das Interesse an Menschen wie ihm verlor?“

Autor Dave Eggers

Autor Dave Eggers

Ein Amerika der Depression

Am Beispiel seines Protagonisten zeigt Dave Eggers ein Amerika der Depression, in dem der aus der Flasche gelassene Geist der Globalisierung seine existenzvernichtenden Kapriolen treibt und die wertschöpfende Produktion durch die billigsten Lohnländer nomadisieren lässt.

Doch mit skurrilem Trotz wartet Alan Clay in der saudi-arabischen Wüste auf Godot alias König Abdullah. Er öffnet sich dabei einem Land, das zwischen Mittelalter und Hightech steht und von seinen ungeheuren Widersprüchen zerrissen zu werden droht. Ein Ausflug in die archaische Welt der Berge bringt ihn dabei an den äußersten Rand seiner ohnehin prekären Existenz.

Dave Eggers erzählt seine Geschichte im steten Wechsel von Gegenwart und Vergangenheit und in einer schlichten, unaufgeregten Prosa. Mit viel Sympathie zeichnet er die schrägen Eigenheiten seines Protagonisten nach, der in keine dieser Welten zwischen Okzident und Orient mehr richtig hineinpasst und immer fehl am Platze zu sein scheint. „Ein Hologramm für den König“ ist ein mit zartem absurdem Witz hinterlegtes Lehrstück über die Globalisierung und ihre Verlierer.

Karsten Herrmann

Dave Eggers: Ein Hologramm für den König (A Hologram for the King, 2012). Deutsch von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann. Kiepenheuer & Witsch 2013. 350 Seiten. 19,90 Euro. Verlagsinformationen zum Buch. Zur Leseprobe. Autorenfoto: © Michelle Quint/KiWi Verlag.

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