Geschrieben am 4. Dezember 2013 von für Bücher, Litmag

Daniel Kehlmann: F

Daniel Kehlmann_FBedeutungsschwangerer Nebel

– Seit dem Mega-Erfolg „Die Vermessung der Welt“ scheiden sich an Daniel Kehlmanns Romanen die (Kritiker-) Geister. Und so wird auch sein neuer Roman „F“ auf einem Spektrum zwischen Weltliteratur und „Firlefanz“ (Der Spiegel) eingeordnet. In der Tat zeigt sich „F“ als ein ambivalentes Buch mit vielen Facetten zwischen Licht und Schatten. Von Karsten Herrmann

Daniel Kehlmann erzählt in seinem neuen Roman die Geschichte der „im Rätsel ihrer Verdoppelung“ gefangenen Zwillinge Eric und Iwan, ihres (Halb-) Bruders Martin sowie ihres gemeinsamen Vaters Arthur. Dieser Arthur lebt in zweiter Ehe und „schreibt Romane, die kein Verlag drucken wollte“. Eine Wende bringt ein Besuch mit seinen drei Söhnen bei einer Hypnose-Schau, nach der Arthur plötzlich verschwindet – und Jahre später mit dem Buch „Mein Name ist Niemand“ berühmt wird.

Derweil gehen seine Söhne ihren Weg: Eric wird ein schwerreicher Hedgefonds-Manager, der im Sommer vor der Wirtschaftskrise jedoch vor dem Ruin steht und nur noch mühsam die Kulisse aufrechterhalten kann. Iwan, der eigentlich Maler werden wollte, wird ein Kunsthändler und Kunstfälscher, der geschickt den Markt bedient und manipuliert. Und Martin, der zeitlebens ein kraftloser, furchtsamer Junge war, wird ein Priester, der mit seinem Glauben hadert: „Tag für Tag lege ich Zeugnis davon ab, dass die Dinge geordnet sind und das Sinn herrscht in den Belangen des Kosmos. Was ist, soll sein. Was sein soll, ist.“

Daniel Kehlmann erzählt die Lebenswege der drei Brüder aus ihrer jeweiligen Perspektive und lässt sie sich dabei immer wieder kreuzen und die Ereignisse sich verdoppeln. In Anklang an Dostojewksi Helden ringen Eric, Iwan und Martin auf ganz unterschiedliche Weise auf dem Spielfeld von Kapital, Kunst und Glauben um ihr Sein und ihr Bewusstsein. Doch finden sie sich dabei immer wieder nur in einem Spiegelkabinett aus Wahrheit und Täuschung gefangen: „Die Welt ist in dir und du bist nicht da. […] Dein sogenanntes Bewusstsein ist ein Flackern, ein Traum ist es, den niemand träumt.“ Zum Schluss scheint nur die mal wundersame, mal schreckliche Macht des Schicksals, lateinisch Fatum, zu bleiben – und darauf verweist wohl auch im Kern das große „F“ des Titels.

Daniel Kehlmann stellt in seinem intelligent konstruierten und durchaus auch elegant und kurzweilig erzählten Roman die großen existentiellen Fragen im Spiegel unserer Zeit. Mehr als einen bedeutungsschwangeren philosophischen Nebel, durch den seinen Figuren reichlich blutleer und leidenschaftslos wanken, produziert er dabei allerdings nicht.

Karsten Herrmann

Daniel Kehlmann: F. Rowohlt Verlag 2013. 384 Seiten. 22,95 Euro. eBook 19,99 Euro.

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