Geschrieben am 20. März 2010 von für Bücher, Crimemag

Cornelia Read: Es wartet der Tod

Kohlenhydratkrimis

Manche Bücher sind wie Fastfood: Erst hat man instant gratification, und eine halbe Stunde danach schon wieder Hunger. Cornelia Read schreibt solche Bücher. Sie lassen sich leicht weglesen, aber wenn man das Buch zuklappt und anfängt, darüber nachzudenken, wird einem doch schnell ein bisschen flau. Ein Selbstversuch von Henrike Heiland.

Der Vorgänger Schneeweißchen und Rosentot (der *hüstel* Titel kommt nicht von der Autorin, im Original heißt das Buch A Field of Darkness) hatte bereits die schlagfertige, sarkastische Madeline Dare, Detektivin wider Willen, als Heldin. Diesmal ist Madeline mit ihrem Mann in ein Kaff in den Bergen von Massachusetts gezogen und arbeitet als Hilfslehrerin an einer Schule der besonderen Art. Wir schreiben das Jahr 1989, die Hippiegeneration hat dafür gesorgt, dass immer noch alle auf der Suche nach sich selbst sind und dringend über ihre Gefühle reden wollen. So auch in dieser Schule für schwer erziehbare Jugendliche. Da herrschen einerseits extrem strenge Regeln, andererseits aber sollen die Kids durchtherapiert werden, um wieder wertvolle Mitglieder der Gesellschaft zu werden, die weder sich noch andere gefährden. Die Lehrer müssen ebenfalls in Therapiesitzungen und sich immer schön in der großen Runde sagen, wie sie sich gerade so fühlen und was das alles mit ihnen macht.

Na ja, natürlich sind die Methoden Humbug, der Schulleiter eher die Karikatur eines miesen Sektenführers, die Lehrer, die ihn unterstützen, kaum zurechnungsfähige Waschlappen, und nur Madeline und ihre Freundin Lulu steigen irgendwie durch und brechen die Regeln, die auch für die Lehrer gelten: Sie rauchen heimlich und kippen hier und da eine Tasse koffeinhaltigen Kaffee. Naughty.

Madeline

Bis einer der Jungs durchdreht und eine Fensterscheibe kaputtschlägt. Madeline, zu der die Schüler natürlich Vertrauen haben, weil sie cool ist, erfährt, dass seine Freundin – ebenfalls Insassin der Schule – schwanger ist. Sie verspricht, den beiden zu helfen, doch dazu wird es nicht kommen: Wenige Tage später findet man das Pärchen vergiftet auf einem Dachboden.

Madeline ist sich sicher, dass das kein Doppelselbstmord war, oh nein: Ein Mörder läuft herum, er hatte es auch auf sie abgesehen.

Madeline hat selbst einen Teil des Gifts abbekommen und wäre fast umgekommen.

Madeline steht aber urplötzlich und unvermutet unter Verdacht, die beiden getötet zu haben.

Madeline ermittelt.

Madeline.

Ein Zentner Zeitkolorit

Bücher mit nur einer Perspektive sind manchmal ein bisschen, ähm, eindimensional …

Wo waren wir? Ah. Ja, wie gesagt, es ist so ein Buch, über das man eigentlich nicht mehr nachdenken dürfte. Die Figuren sind extrem überzeichnet, die Wendepunkte so offensichtlich hingezimmert, dass es noch nach frisch verarbeitetem Holz riecht, und das Ende total verschenkt. Überhaupt ist das mit dem Ende eine ganz komische Sache. Aber erst mal zum Anfang.

Die Autorin schleppt alle ihre Figuren auf die Bühne und stellt sie der Reihe nach vor. Dann sind die Unterrichtsmethoden dran, in die ein Zentner Zeitkolorit eingestreut wird, noch ein paar Liter gesellschafts- und weltpolitische Ansichten, einmal umrühren und schon haben wir die Hälfte des Buchs geschafft. Da sterben dann zwei Schüler, okay, und schließlich stürmen wir auf das Ende zu, das verschenkte Ende, wie gesagt, weil da eine Backstory cum Actionsequenz mit viel Rumgerenne bemüht wird – also irgendwie knirscht es da gewaltig, wenn die Puzzleteile auf einen Schlag zusammenfallen und das ersehnte Ganze ergeben, denn das ersehnte Ganze ist für sich genommen so eine große Geschichte, dass sie auf ein paar wenigen Seiten in Kurzzusammenfassung total verpufft. Das irritiert mächtig und sorgt für die Heißhungerattacke, die man bekommt, wenn man sich nur mit den falschen Kohlenhydraten vollstopft.

Fastfood eben

Und trotzdem liest man dieses Buch ganz gerne, das ist das Erstaunliche, aber das ist eben wie mit, um im Bild zu bleiben, Zucker. Ms Read hat nämlich einen sehr witzigen Stil drauf, und die Sache ist recht locker übersetzt. Ein paar bissige Bemerkungen hier, ein paar fiese Sätze dort, das liest sich ganz gut weg. Ihre Stärke sind Dialoge, was wiederum zur nächsten Schwäche führt, da die Geschichte eigentlich mehr ein Hörspielskript als ein Roman ist. Aber wenigstens sind es ganz gute Dialoge. Tja. Fastfood eben, mit einem Liter Cola. Macht Spaß, ist aber im Grunde nichts Substantielles. Muss ja auch nicht immer. Darf ja auch mal nur Spaß machen. Wenn die Erwartungshaltung stimmt, warum nicht.

Henrike Heiland

Cornelia Read: Es wartet der Tod. (The Crazy School, 2008) Roman.
Deutsch von Sophie Zeitz.
München: Deutscher Taschenbuch Verlag 2009. 340 Seiten. 14,90 Euro.