Geschrieben am 22. Oktober 2006 von für Bücher, Litmag

Christoph Peters: Ein Zimmer im Haus des Krieges

Utopie und Terror

Was geht in den Köpfen islamistischer (Selbstmord-) Attentäter vor, die die Welt seit den 90er Jahren in Angst und Schrecken versetzen? Dieser Frage geht Christoph Peters in seinem neuen Roman „Ein Zimmer im Haus des Krieges“ behutsam nach und verbindet sie mit den gescheiterten Utopien der 68er.

Peters‘ Protagonist ist der junge Deutsche Jochen Sawatzky, der nach einer Kleinkriminellen- und Drogenkarriere zum Islam konvertierte und ein Gotteskrieger wurde. Er wird 1993 bei einem Anschlagversuch auf die Tempelanlage von Luxor nach einem heftigen Feuergefecht mit der ägyptischen Polizei gefasst. In einem Hochsicherheitsgefängnis in Kairo wartet er auf seine Verfahren vor dem Militärgericht, an dessen Ende ein Todesurteil stehen wird.

Mit dem Fall wird der deutsche Botschafter in Kairo, Claus Cismar, betreut und er „beunruhigt ihn, weit über die diplomatischen Verwicklungen hinaus.“ Je näher sich Cismar mit Jochen Sawatzky und dem Glauben und der Motivation der islamischen Terroristen befasst, um so mehr rückt auch seine eigene Vergangenheit als 68er wieder in das Bewusstsein. Statt des bewaffneten Kampfes wählte Cismar damals den Marsch durch die Institutionen: „Es ist der kleine Seelenverkauf gewesen, das Abtreten der eigenen Ansprüche in Raten.“

Christoph Peters reflektiert in seinem Roman auf nüchterne, zuweilen semi-dokumentarische Art und Weise die Unvereinbarkeit von Menschheitsutopien und Gottesglauben mit einer dominierenden westlichen Kultur, die durch das Kapital, den Konsum und einen grassierenden Werteverfall geprägt ist.

Leicht resigniert oder trotzig pragmatisch resümiert der deutsche Botschafter und Alt-68er Claus Cismar angesichts des scheinbar unauflösbaren Konfliktes schließlich mit und über Adorno hinaus: „Es gibt keine Hoffnung auf das wahre Leben im falschen, aber außerhalb des falschen gibt es überhaupt keins.“

Letztlich erfährt der Leser in „Ein Zimmer im Haus des Krieges“ mehr über den Seelenzustand der in den Institutionen weich gelandeten und doch existentiell enttäuschten 68er als über die innere Motivation islamistischer Terroristen. Hier belässt es Peters weitgehend bei plakativ-indoktrinären Propagandahülsen und redundantem Koran-Gemurmel sowie wohl bekannter westlicher Kulturverdammung. Zum psychologischen und kulturellen Kern des „clash of civilizations“ dringt er nur ansatzweise vor.

Karsten Herrmann

Christoph Peters: Ein Zimmer im Haus des Krieges. Btb 2006. 320 Seiten. 19,95 Euro.