Geschrieben am 26. November 2014 von für Bücher, Litmag

Christoph Brumme: Ein Gruß von Friedrich Nietzsche

Christph Brumme_friedrich NietzscheZwischen Morgenröte und Repression

– Zum 25jährigen Jubiläum des Mauerfalls legt der 1962 in der ehemaligen DDR geborene Christoph Brumme einen Roman über die Endphase seines Heimatlandes vor und beleuchtet dabei ebenso die paranoide Logik der Macht als auch die sich im real existierenden Sozialismus eröffnenden Freiräume und Schlupfwinkel der Subkultur am Prenzlauer Berg. Von Karsten Herrmann

Christoph Brumme erzählt in seinem dreiteiligen Roman von dem Trio „Bobby“ Fischer, Paul Hansen und Franz Schönlein, die in Berlin ein Leben abseits der eingefahrenen Bahnen und der angsterfüllten Anpassung leben. So schlägt sich der nach dem Schachweltmeister benannte „Bobby“ Fischer mit Schwarzarbeit auf Baustellen und dem Verkaufen von weißen Unterhemden mit dem Konterfei des zu der Zeit alles andere als wohlgelittenen Gorbatschow durch. Er studiert Philosophie und lebt zusammen mit dem vom „Alltagsidiotismus“ geplagten Schachgenie Paul in zwei besetzten Wohnungen.

Gemeinsam mit dem Friedhofsmusiker Franz Schönlein trinken und philosophieren sie, spielen Schach und tummeln sich in der regimekritischen Subkultur rund um die Schönhauser Allee und dem „Wiener Café“. Und so stehen sie natürlich unter der Dauerbeobachtung der Stasi und Hauptmann Welke, ein Kettenraucher und Alkoholiker, hat eine ganze Reihe IM’s auf sie angesetzt und arbeitet an seinem „Plan zur Zersetzung der Persönlichkeit des Horst (Bobby) Fischer“.

Doch das Trio, das so deutlich aus den weithin den DDR-Alltag bestimmenden „Farben der Angst“, dem „Buchhaltergrau, Schweinchenrosa und wässrigem Blau“ heraussticht, nimmt die Bedrohung erst einmal gelassen: „Lass doch Horch und Guck horchen und gucken. Solange sie uns nicht einsperren, ist doch alles gut.“

Authentizität mit parodistischem Einschlag

Mit viel authentischem Lokalkolorit und leicht parodistischem Einschlag fängt Christoph Brumme die Atmosphäre in den Endzügen der DDR überzeugend ein und enttarnt ihre kafkaeske innere Logik: „Man tut etwas, um nichts zu tun. Alle tun so, als ob sie etwas täten. Was die Gesellschaft zusammen hält, ist der Glaube an die Gläubigkeit der anderen.“

Er beschreibt eine Gesellschaft, die einerseits von einer leichten Morgenröte der Freiheit erfasst und andererseits weiter durch eine allgegenwärtige Überwachung und Repression bestimmt ist. Die muss dann auch Paul in allen Konsequenzen erfahren, als er bei einem halbherzigen Fluchtversuch verhaftet wird und erst in ein Gefängnis in Rummelsburg und dann in die berüchtigte „Schwarze Pumpe“ im gleichnamigen Braunkohletagebau-Gebiet einfährt.

Im zweiten Teil des Romans lässt Christoph Brumme seinen Protagonisten tagebuchartig vom Zusammenleben der Gefangenen auf engsten Raum, über die Schikanen der Wärter und die kleinen Glücksmomente in einer langen Anreihung von Langeweile und Monotonie berichten.

Der dritte, nur wenige Seiten lange Teil des Romans lässt das Trio unter dem Titel „Happy End“ schließlich nach der Wende noch einmal zusammen treffen. Hier geht dem Roman dann allerdings etwas die Luft aus und abrupt steht der Leser vor einem Ende mit losen Fäden.

Karsten Herrmann

Christoph Brumme: Ein Gruß von Friedrich Nietzsche. C.H. Beck, 256 Seiten. 19,95 Euro.

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