Geschrieben am 11. Dezember 2010 von für Bücher, Crimemag

Bloody Chops

Heute choppen für Sie: Kirsten Reimers (KR), Peter Münder (PM), Thomas Wörtche (TW) und Friedemann Sprenger (Frisp).

Dreiundzwanzig, vierundzwanzig, fünfundzwanzig …

(KR) Verstümmelte Frauenleichen in einer amerikanischen Kleinststadt – ganz klar: Da ist ein Serienmörder unterwegs. Linda Castillos Erstlingswerk hat ein beinah anrührend altmodisches Konzept, findet Kirsten Reimers.

In einem verschlafenen Painters Mill im Staate Ohio wird in einer eisigen Winternacht die verstümmelte Leiche einer jungen Frau gefunden. Sie trägt das Markenzeichen des sogenannten „Schlächters“: eingeritzte römische Ziffern. Zwei Jahrzehnte war der Killer nicht mehr aktiv. Kate Burkholder, seit kurzem Polizeichefin vor Ort, ist schockiert – schließlich ist ihr bisheriges Leben von einem Trauma beherrscht: Mit 14 hat sie eigenhändig den „Schlächter“ erschossen – dachte sie zumindest.

Natürlich bleibt es nicht bei dieser einen Frauenleiche, denn Castillos „Die Zahlen der Toten“  ist ein beinah anrührend altmodischer Serienkillerroman mit Whodunit-Anteilen. Einen Schuss Exotik gibt es durch Abstecher in die Welt der Amischen.

Alles in allem ist die Geschichte handwerklich solide konzipiert, die unterschiedlichen Stränge sind sauber verknüpft, die Figuren recht ansprechend gezeichnet. Das Böse bleibt allerdings reichlich blass. Und bei der Erklärung, warum denn jemand so etwas macht – Frauen foltern, vergewaltigen und ermorden –, reicht es gerade mal für ein Schulterzucken. Nicht unspannend, aber kaum überraschend.

Linda Castillo: Die Zahlen der Toten (Sworn to Silence, 2009). Thriller. Deutsch von Helga Augustin. Frankfurt/Main: Fischer Taschenbuch 2010. 43 Seiten. 8,95 Euro.
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Die unersättliche, alltägliche Gier

(PM) Ein Paar ist im Schneetreiben mit Sack und Pack unterwegs auf dem Highway Richtung Reno, wo sie ein neues Leben beginnen wollen. Als die Straßen dicht sind, steuern Nate und Sara einen Diner an, treffen den Blut spuckenden, angeschossenen Sylvester, der ihnen fünfhundert Dollar für das Mitnehmen anbietet – und dann ist nichts mehr so, wie es war. Denn Syl hat einen Koffer voller Dollars und nun beginnt der Kampf um die Kohle, auf die es nicht nur Nate und Sara, sondern noch  einige suspekte Typen abgesehen haben. So klar und konfliktfreudig wie im alten Western präsentiert John Rector aus Colorado in seinem ersten Roman  heiße Thriller-Kost zur frostigen Jahreszeit – knallhart, spannend und mit überraschenden Wendungen, die dafür sorgen, dass etliche Leichen den Weg von Nate und Sara pflastern. So muss er sein, der kompromisslose Pageturner für Puristen! Unbedingt für  den Wunschzettel vormerken!

John Rector: Frost. Deutsch von Katharina Naumann. Rowohlt Taschenbuch Verlag. 283 Seiten. 8,95 Euro.
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Gelber Hund?

(TW) Die Ross-Thomas-Ausgabe beim Alexander Verlag schreitet munter voran. Während bei den bis jetzt erschienenen Bänden der Nachbearbeitungsaufwand nicht allzu hoch war, kommen jetzt allmählich die harten Brocken – die Romane nämlich, deren alte deutschen Ausgaben gekürzt, verstümmelt und verdödelt worden waren. Ganz besonders schlimm unters Messer kam damals (1976) „Der Yellow-Dog-Kontrakt“. Jetzt endlich kann man nachlesen, wie man eine Organisation erst unterwandert, dann hops nimmt und damit Politik macht und auch noch Geld verdient.  Ross Thomas amüsiert sich und uns mit Gewerkschaften und Wahlkämpfen nach Watergate … Die Welt retten muss da niemand, die ist sowieso schon unrettbar den moralischen Bach hinuntergegangen und das ist allemal Grund genug, auf diesem Spielfeld ein paar nette Gemeinheiten abzuziehen. Immer noch sind die Romane von Ross Thomas  intellektuell und artistisch absolute Spitzenklasse.

Ross Thomas: „Der Yellow-Dog-Kontrakt“ (Yellow Dog Contract, 1976). Roman. Deutsch Von Edith Massmann, Gisbert Haefs und Stella Diedrich. Köln/Berlin: Alexander Verlag 2010. 272 Seiten. 14,90 Euro.
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Chop, chop

(Frisp) Franklin hat Angst vor Zuckermenschen, deswegen hat er sich zum Beispiel sein Hirn rausnehmen lassen und durch neurales Zellgewebe ersetzt und eine Frau geheiratet, die er nicht liebt, die aber auch an Zuckermenschen glaubt und es mit anderen Männern treibt. Kinder hasst er, und als er endlich mal eine Frau richtig geil findet, ist die aus Zucker und das Gemetzel beginnt. Carlton Mellick III heißt der Verursacher eines völlig sinnfreien, abgedrehten, auf bonbonfarbenem Papier gedruckten Megaunfugs namens „Die Kannibalen von Candyland“ – eine Art Slasher-SiFi-Porno-im-Wunderland-Thriller. Geschmacklos, überflüssig, großartig. Klebrig gut …

Carlton Mellick III: Die Kannibalen von Candyland. (The Cannibals of Candyland, 2009) Roman. Deutsch von Michael Plogmann. Leipzig: Festa Verlag 2010. 158 Seiten. 16,80 Euro. Verlagsinformationen zum Buch