Geschrieben am 27. Juni 2009 von für Bücher, Crimemag

Antje Babendererde: Starlight Blues

Antje Babendererde: Starlight BluesPeinliche Indianer

Ethno-Krimis waren mal schwer in Mode. Aus Deutschland kamen sie eher selten. Jetzt aber ist es soweit – und geht voll daneben. Peinlich, findet Tina Manske.

Nichts gegen unsympathische Helden, gegen Anti-Helden, die man so richtig schön hassen kann beim Lesen, denen ihre Selbstverliebtheit aus allen Poren trieft, denen man nicht alles durchgehen lässt. Sie sind ja meistens sehr viel unterhaltsamer als die Juristen mit Einser-Lebensnoten. Problematisch wird es dann, wenn ein Autor gar nicht merkt, dass sein Held ein Arschloch ist, eben gerade weil er anscheinend immer das Richtige tut und sein Leben lebt wie andere Leute ihr Auto waschen. Solch einen Fall haben wir aber mit diesem Buch vor uns.

Der Privatdetektiv Adam Cameron erhält darin den Anruf eines indiogenen Klienten aus Kanada, der die näheren Umstände des Todes seines Bruders Daniel aufgeklärt wissen will. Dieser Bruder, damals noch ein Teenager, ist bereits seit zehn Jahren tot, erfroren im erbarmungslosen Schnee. Cameron, der selbst indianische Wurzeln hat, fühlt sich deswegen – trotz der offensichtlichen Verjährung – dazu berufen, den Fall anzunehmen, auch wenn er den ewigen kanadischen Winter abgrundtief verabscheut. Eheprobleme hat er auch noch, weswegen er mit diesem Fall, der ihm finanziell auch nicht gerade das Blaue vom Himmel verspricht, die Flucht nach vorne antritt.

Schon früh wird dem Leser klar, wohin die Nachtigall hier trapst. Cameron trifft in Kanada auf seltsame Vorkommnisse im Polizeiwesen, die Cops halten zusammen und schützen sich gegenseitig, Korruption scheint auf der Tagesordnung zu stehen, von Rassismus gar nicht erst zu reden. Der Detektiv mit „langen Haaren und brauner Haut“ gerät – selbstredend – immer mehr in den Sumpf hinein und ist (schwebt wäre ein zu ätherisches Wort für diesen Schmu) schon bald selbst in Lebensgefahr. Klischees? Aber ja, allerorten.

Bessere Menschen

Zwischendurch hat Cameron aber noch Zeit, sich in eine seiner Informantinnen leidlich zu verlieben und eine andere zu verführen, obwohl er, der als Kleinkind von der armen Mutter zur Adoption freigegeben wurde, sich nicht sicher sein kann, ob er da nicht gerade seine eigene Schwester vögelt. Geschenkt – wo Hormone regieren, muss auch das Hirn eines Superdetektivs mal Pause machen können. Diese Szene ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie Frauenverachtung von der Autorin als Romantik missverstanden wird: „Vom Foto in Roberts Küche hatte ich Emma attraktiver in Erinnerung, aber da war sie auch zehn Jahre jünger gewesen.“ Und später: „Die Kälte hatte ihre Wangen gerötet. Auf einmal sah sie viel jünger aus.“ Und noch später: „Als Emma kurz darauf wieder ins Zimmer trat, wirkte sie wie verwandelt. Sie trug saubere Jeans und eine weite Leinenbluse, die das Dunkle ihrer Haut betonte. Ihr Haar war frisch gewaschen und noch feucht. Als sie sich über meine Schulter beugte, um mir frischen Tee nachzugießen, merkte ich, dass es nach Zeder duftete.“ Manche Leute saufen sich ihre Sexualpartner schön, hier tut es auch schon eine heiße Dusche.

Antje Babendererde fehlt ganz offensichtlich die Distanz zu ihrem Sujet, insbesondere zu ihrem Anti-Helden. Indianer und ihre Kultur faszinieren sie, was sie in ihren bisherigen Büchern, die allesamt keine Krimis waren, auch immer wieder zum Thema gemacht hat. Sie möchte den Lesern diese Kultur näherbringen und über ihre Probleme informieren, darüber, wie sehr indiogene Menschen immer noch diskriminiert werden, verzärtelt den Lesenden aber gleichzeitig mit geradezu unaushaltbaren Gemeinplätzen. Und eigentlich findet sie diesen Typen Cameron, dem sie eine Selbstgerechtigkeit ohnegleichen andichtet, ganz großartig, denn Indianer an sich sind in ihrer Welt die besseren Menschen – auch eine Art Rassismus.

Tina Manske

Antje Babendererde: Starlight Blues. In der Kälte der Nacht. Roman. Gifkendorf: Merlin Verlag 2009. 344 Seiten. 19,50 Euro.