Mission Impossible
Alek Popovs grandiose Groteske lässt uns die Welt der osteuropäischen Diplomaten mit ganz neuen Augen betrachten, und zwar mit Augen voller Lachtränen.
Ja, was sind die Bulgaren denn jetzt: hinterhältig, opportun, rücksichtslos oder einfach nur naiv? Womöglich verteilen sich diese Eigenschaften gleichmäßig über alle Völker. Gebündelt kommen sie nur in Alek Popovs spektakulärer Satire „Mission: London“ vor, in der die nicht ganz alltäglichen Machenschaften des freilich fiktiven bulgarischen Botschaftspersonals in der britischen Hauptstadt aufgedeckt werden. Hier hortet ein etwas naiver Koch gestohlene Enten, eine attraktive Putzhilfe geht zwielichtigen Nebenjobs nach und der neue Botschafter heuert mysteriöse Prominente für einen Charity-Event an.
Was Popovs Personal miteinander verbindet, ist nicht nur ihre bulgarische Staatsbürgerschaft, sondern auch ihr Wunsch, sich vom anhänglichen „Gestank ihrer Heimat“ zu befreien. Bei diesem Unterfangen ist ihnen jedes noch so absurde oder abenteuerliche Mittel recht. Von dieser aberwitzigen Jagd nach Anerkennung und Reichtum in der westlichen Welt lebt die mit satirischer Anteilnahme verfasste Groteske. Im Ausland darf Popov sogar in den diplomatischen Vertretungen seines Heimatlands aus seinem bereits 2001 erschienenen Buch vortragen. Die Bulgaren sind eben Kummer gewöhnt und können anscheinend auch herzlich darüber lachen.
Aber man muss kein Bulgare oder schadenfroher Westeuropäer sein, um sich über Popovs sprachliches Gespür für peinliche Situationen und Personen zu amüsieren. Der 41-jährige Autor bedient keine Ressentiments, sondern erfreut sich und den Leser an konstruierten Zufällen und unglückseligen Schicksalen. Und gibt freilich unaufgeregt zu bedenken, ob der Osten wirklich schon im Westen angekommen ist. Oder ob hier nicht auf beiden Seiten noch manche Hürde genommen werden muss, um sich auf gleicher Augenhöhe zu begegnen. Die unmögliche Mission des bulgarischen Botschafters in London lässt erahnen, wie absurd und abenteuerlich es sein kann, sich auf den Kapitalismus einzulassen.
Jörg von Bilavsky
Alek Popov: Mission: London. Aus dem Bulgarischen von Alexander Sitzmann. Residenz Verlag 2006. 336 Seiten. 19,90 Euro.