Unvermittelt und roh
–Es gibt viele schöne Geschichten rund um die schottische Band Young Fathers, zuvorderst natürlich die, dass sie im letzten Jahr mit ihrem Debüt „Dead“ völlig überraschend den Mercury Prize gewannen, gegen offensichtliche Favoriten wie Damon Albarn oder FKA Twigs. Oder die, wie sie einmal eine Auftragsarbeit für Nestlé (!) anfertigten, die dann wegen inhaltlicher Unstimmigkeiten nicht veröffentlicht wurde und nun unter dem Titel „Nest“ doch den Weg zum Publikum gefunden hat. Wenige Monate danach veröffentlichen Young Fathers nun ihren zweiten Longplayer, und auch der wird sich wieder auf vielen Bestenlisten wiederfinden.
Es gibt viele tolle Momente auf „White Men Are Black Men Too“, viele große Melodien und noch mehr große Aufnahmekunst. Denn das Album hören ist wie mit der Band im Studio sein, so roh und unvermittelt hört sich das alles an. Ganz wunderbar ist es, wenn die Young Fathers ihre Stimmen in Songs wie „John Doe“ oder „Shame“ im Hintergrund als weitere Rhythmusinstrumente einsetzen. Die eklektische Mischung beinhaltet New Gospel ebenso wie Hip-Hop, Afrobeat, Blues und Rumpelrock. Sie selbst sagen, ihre Songs sollten eigentlich neben denen von Taylor Swift im Radio gespielt werden, für sie ist es ganz einfach Pop. Und dem ist wenig entgegenzusetzen.
Young Fathers thematisieren den alltäglichen Rassismus ganz unverhohlen, aber aus einem neuen Blickwinkel, und dazu muss man natürlich, wie schon oft geschehen, aus dem Titelsong zitieren, der den Kern ihres Selbstverständnisses und ihrer Problematik beinhaltet: „I’m tired of playing the good black/ I said I’m tired of playing the good black/ I’m tired of having to hold back/ I’m tired of wearing this hallmark for some evils that happened way back/ I’m tired of blaming the white man/ his indiscretion don’t betray him/ A black man can play him/ Some white men are black men too/ nigga to them, a gentleman to you.”
Wer als einen Einfluss die Monks anführt (bei „Rain Or Shine“) kann ja sowieso kein schlechter Mensch sein. Sensationelles Album.
Tina Manske
Young Fathers: White Men Are Black Men Too. Big Dada (Rough Trade).