Wir-Gefühl
– Die Zeit „am Ende der Eliten“ steht im Fokus von „Die Natur greift an“, dem Debüt-Album des jungen Quartetts Vierkanttretlager aus Husum. Thomas Backs findet beim Kennenlernen auch die Wahl der Wir-Form interessant.
„Schluss, Aus, Raus – wir schließen. Wir schließen ab mit unserer Zeit“. Klingt endgültig. Mit rauen Gitarren und scharfen Texten legen Vierkanttretlager aus Husum nach ihrer ersten EP „Penzion Kanonir“ (2010) jetzt ihr Debüt-Album vor. „Die Natur greift an“ bringt klassischen Indie-Rock im 1990er-Stil, den gibt es dieser Tage ja eher selten auf die Ohren. Aufgenommen wurde der Longplayer dann auch in Hamburg mit Produzent Gregor Hennig (Die Sterne), da rauscht ein „BaldsogroßwieTocotronic“ durch den Mediendschungel. Tja, wer heute 20 ist, der war 1995 noch ziemlich jung. Von daher könnten diese Vergleiche dem Quartett um Sänger und Songwriter Max Richard Leßmann auch ziemlich schnuppe sein. Mit einem derart schrägen Bandnamen und dem Mut, Wortneuschöpfungen wie „Windradeinweihungsparty“ in seine Texte einzubauen, da werden ohnehin andere Fragen aufgeworfen. Ganz sicher auch die nach einem Wir-Gefühl. Denn: Das lyrische Ich ist bei Vierkanttretlager dann doch eher ein Wir.
Geschmacksproben:
– „Wir müssen nicht mehr Schlange stehen, weil wir die Letzten sind.“ („Drei Mühlen“)
– „Es wird langsam eng, zwischen den Zeilen. Wir können und wollen hier nicht bleiben.“ („Zwischen den Zeilen“)
– „Wir sind das neue Gold.“
– „Die singen: ´Ihr könnt nach Hause gehn´. Wenn wir wüssten, wo das liegt.“ („Hooligans“)
– „Verschleiert wollen wir sein.“ („Schluss aus Raus“)
Ein neuer Poet aus der grauen Stadt am Meer ist er, der gute Max Richard Leßmann. Singt vom „Leichenschmaus in der Musterhaussiedlung“ und den „Hooligans aus Nummer 10“, blättert zwischendurch zum Klang des Schifferklaviers im Fotoalbum angestaubter Erinnerungen. 2012 wird kaum ein Musikliebhaber Vierkanttretlager und Leßmann überhören können, die ausgedehnte Ochsentour sollte eine Menge Aufmerksamkeit bringen. „Die Natur greift an“ ist auf dem gleichnamigen Album auch eine Song-Trilogie, eben über diese unsere Zeit. Das Fazit: „Ohne Ziel und ohne Zwang/ Ziehn` wir der Zeit die Ohren lang/ Wir machen jetzt das Beste draus/ Fahrn` diese Zeit ins Krankenhaus.“ Schönes Schlusswort.
Thomas Backs
Vierkanttretlager: Die Natur greift an. Unter Schafen Records (Alive). Zur Website , zum Facebook-Profil der Band. Zur Website von Gregor Hennig.
Vierkanttretlager live 2012:
24.02.: Rostock, Stadtpalast, 27.03.: Gießen, Muk, 28.03.: Dortmund, FZW, 30.03.: Hamburg, Prinzenbar, 31.03.: Lübeck, Riders Cafe, 10.04.: Potsdam, Waschhaus, 11.04.: Leipzig, Neues Schauspiel, 12.04.: Nürnberg, Stereo, 13.04.: München, 59:1, 14.04.: Stuttgart, Keller Klub, 15.04.: Bayreuth, Glashaus, 16.04.: Frankfurt, Ponyhof Club, 17.04.: Augsburg, Schwarzes Schaf, 18.04.: Cottbus, Bebel, 19.04.: Dresden, GrooveStation, 21.04.: Berlin, HBC, 17.05. Oberhausen, Druckluft, 18.05.: Mannheim, Maifeld Derby, 19.05.: Bielefeld, Leineweber Markt, 13.07.: M’gladbach, Horst Festival, 20.07.: Cuxhaven, Deichbrand Festival, 21.07.: Schloss Holte, Serengeti Festival, 04.08.: Horb, Mini Rock Festival.