Geschrieben am 12. Oktober 2011 von für Musikmag

Various: Studio One Story

Soul Jazz veröffentlicht sein Standardwerk „Studio One Story“ zum 50. Jahrestag der Unabhängigkeit noch einmal. Tobi Kirsch hat sich die Box noch einmal angesehen.

Various: Studio One StoryNice up the Dance!

Die luxuriöse Box besteht aus einer CD- Compilation, einem neunzig-seitigen Buch und einer DVD mit vier Stunden Material zur Geschichte von Studio One und dem Label-Gründer Clement „Sir Coxsone“ Dodd. Studio One spielt in der Geschichte des Reggae dieselbe Rolle, wie Motown sie für Funk und Soul gehabt hat. Man lernt unter anderem, wie alles begann: Coxsone Dodd hatte durch einen früheren Aufenthalt als Erntehelfer im Süden der USA Blues Bars und amerikanische „Rhythm and Blues“ Musik persönlich erlebt. Nach seiner Rückkehr nach Jamaika gründete er zusammen mit DJ Count Machuki das Downbeat Sound System, das erste Sound System der Insel, wo die DJs zwischen den Songs toasteten und rappten. Schnell wurde Dodd sehr erfolgreich, und mit King Stitt hatte er einen zweiten hervorragenden Toaster am Start. Zum Höhepunkt der Sound Systems hatte Sir Soxsone fünf davon gleichzeitig.

Ende der fünfziger Jahre reiste Dodd regelmäßig nach Amerika und kauft Nachschub an Rhythm und Blues-Platten, deren Namen er auf den Platten herausritzte, damit niemand ihn kopieren konnte. Die Jamaikaner interessierten sich mit dem Aufstieg des Rock’n’Rolls immer weniger für Musik aus den USA. So entschied Dodd, selber Platten mit lokalen Musikern aufzunehmen. Diese Aufnahmen wurden nur zum dem Zwecke aufgenommen, um sie auf dem eigenen Sound System zu spielen. Es waren One-off-Pressungen, die sogenannten Dubplates oder Reference Discs. Das erste kommerziell genutzte Stück mit Verkauf an Fans vor Ort war „Easy Snapping“ von Theophilus Beckford. Das war der Anfang eines Unternehmens mit dem Ziel, mit Platten Musik zu verdienen. Studio One startete erst mit Coxsones eigenem Studio, vorher hießen seine Labels Coxsone, Rolando, Port O Jam und Powie.

Doch bevor hier zu viel mit Details umhergeschmissen wird, belassen wir es bei der Beschreibung dieser ersten Zeit. Soul Jazz hat sich um die Reggaemusik mit den zahlreichen Samplern einen herausragenden Ruf erarbeitet. Diese Box zeigt die ganze Akribie und Leidenschaft, die hinter der Veröffentlichungspolitik lag. Das schöne an „Studio One Story“ ist die Art, wie sowohl Laien als auch Experten der Einblick in die Geschichte und Entstehung des Labels gegeben wird. Man muss keine große Vorbildung mitbringen, um sich mit dem Film und dem Buch zu beschäftigen. Für diejenigen, die schon sehr involviert sind, bietet die Box dennoch einige Schmankerl nebenbei. Die Dokumentation ist fast drei Stunden lang, zudem gibt es über eine Stunde Extras inklusiver vieler Einzel-Interviews, unter anderem mit Horace Andy, King Stitt und Ken Boothe. Auf der CD-Compilation findet man Künstler wie die Skatalites, Jackie Mitoo, Sugar Minott, Michigan & Smiley und viele andere. Im Film tauchen sehr viele Musiker auf, sodass wenige Wünsche offen bleiben. Sicher sind sechzehn Songs eine sehr kleine Auswahl für die CD, dafür hat man aber ja auch noch den Film, in dem unglaublich viel Material verwendet wurde.

Nicht ohne Grund wurde diese Veröffentlichung 2002 abgefeiert vom gesamten Spektrum der britischen Musikpresse. Schön, dass diese Box jetzt noch einmal aufgelegt wird. Jeder, der sich nur ein bisschen für Reggae interessiert, wird seine Freude daran haben. Auch grafisch ist das Gesamtpaket eine Freude, Soul Jazz hat es verstanden, der Musik eine passende visuelle Entsprechung zu geben.

Tobi Kirsch

Various: Studio One Story. Soul Jazz (Indigo).

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