Geschrieben am 30. März 2011 von für Musikmag

The Human League: Credo

Human League: CredoThe Sound of the Crowd

– Obwohl The Human League sich zu ihren eigenen Wurzeln bekennen, vermisst Jörg von Bilavsky auf dem neuen Album der Band den rebellischen Geist ihrer ersten beiden Platten.

Sie rollt und rollt und rollt, die 80er-Retro-Lok. New Wave und Elektropop sind einfach nicht auszubremsen. Seit mindestens zehn Jahren finden die computergenerierten Melodien und Rhythmen bei 20-Jährigen genauso begeisterten Anklang wie bei 40-Jährigen. Die geschniegelten Boys von Hurts mit ihrem soften Synthie-Pop sind der jüngste Beweis für dieses Phänomen. Die New Wave-Ikonen von The Human League haben sich ein Dezennium Zeit gelassen, um auf jenen Zug aufzuspringen, den sie Anfang der Achtziger mit in Fahrt gebracht haben. Aber kann das Trio aus Sheffield mit der Gegenwart noch Schritt halten? Sie zumindest glauben es, wie schon der Titel ihres Albums verrät. Und der scheint Programm zu sein.

In allen elf Songs steckt das gleiche Glaubensbekenntnis, ein Bekenntnis zu den eigenen musikalischen Wurzeln. Sie vermeiden es bei den Nachfolgern im musikalischen Geiste abzukupfern und bedienen sich lieber bei ihren früheren Kompositionen. Das monoton-melodiöse „Night People“ klingt wie eine kuriose Kreuzung aus „Only After Dark“ und „Love Action“, aber doch irgendwie anders und neu. Ähnliche Assoziationen weckt das discotaugliche „Electric Shock“, das süßlich-sägende „Never Let Me Go“ und der einzig wirklich experimentelle Song „Privilege“.

Nur selten verströmen The Human League aber den Spirit der ersten beiden Alben „Reproduction“ (1979) und „Travelogue“ (1980). Der rebellische Geist der frühen Achtziger verpufft schnell, lauscht man gefälligeren und glatteren Titeln wie der Singleauskoppelung „Egomaniac“. Herausfordernd klingt allein Philip Oakeys impulsiver Gesang, der durch verspielte Synthiesolis aber wieder mächtig gedämpft wird. Human League erfinden sich auch hier wieder neu, ihnen fehlen aber die Ecken und Kanten der ersten Jahre („Being Boiled“, „The Black Hit Of Space“) oder die Unbeschwertheit ihres Erfolgsalbums „Dare“, das Klassiker wie „Don’t You Want Me“, „Love Action“ oder „Open Your Heart“ generiert hat.

Der ebenso neue wie alte Sound versandet nicht selten an den Ufern des Mainstreams, wenn er sich allzu harmonisch reproduziert. So hinterlässt ihr ambitionierter Neustart einen zwiespältigen Höreindruck. Gemessen an ihren alten Alben und denen ihrer Renegaten landen sie mit ihrem jüngsten Werk „nur“ im oberen Mittelfeld. Dem „Sound Of The Crowd“ nachspürend, haben sie ihre musikalische Hardware weichgespült. Ein Waschgang weniger hätte ihrer Musik vielleicht mehr Strahlkraft verliehen.

Jörg von Bilavsky

The Human League: Credo. Wall of Sound/Pias (Rough Trade). Die Band auf Myspace und bei Facebook.


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