Geschrieben am 1. Juni 2016 von für Musikmag

Stagetime: Udo Lindenbergs Tourauftakt mit Gästen bei der Generalprobe auf Schalke, Gelsenkirchen

lindenberg5Die Generalprobe

Im Himmel wartet eine Superband auf ihn: Lemmy Kilmister, David Bowie und Prince sind schon da. „So ungefähr in 30 Jahren“ will Udo Lindenberg einsteigen und mitrocken. Vorher aber geht der just 70 Jahre jung gewordene Altrocker auf Tour. So lud er rund 5000 auserwählte Gäste zur Generalprobe seiner „Keine Panik!“-Tour 2016 in die Veltins Arena ein. Von Christiane Nitsche

Es wird eine Art Geburtstagsparty 2.0: Mehrere Hundertschaften aus Lindenbergs Geburtsstadt Gronau sind in Bussen angereist. Hier treffen sich ehemalige Klassenkameraden mit Jugendfreunden, Rockliner-Veteranen,  „Gronauten“ und Förderer, aber auch von Lindenberg protegierte Jungmusiker und Schüler seiner ehemaligen Schule mit Freunden und Fans aus dem Ruhrgebiet, aus Berlin, aus der ganzen von Lindenberg besungenen „Bunten Republik Deutschland“. „Endlich wieder zu Hause“, jubelt Udo Lindenberg. Eben hat der Bug des Rockliners scheinbar die Kulisse durchstoßen, der Kapitän ist eingeschwebt, die brennende Zigarre in der linken, das Mikro in der rechten Hand. Ein „westfälisch-amerikanischer Traum“ sei dieser Abend für ihn, erklärt der Heimgekehrte.

Mitten unter den Gronauern: ein Pulk Fünftklässler mit selbst gebasteltem Schild. „Happy Birthday“, prangt es da rot und glitzernd. „Super!“, ruft einer der Jungs auf die Frage, wie er Udo findet. Dann steckt er sich schnell den schützenden Stöpsel zurück ins Ohr. „Geil, dass Ihr hier seid“, ruft Udo in Richtung des Gronauer und des Schalker Fanblocks, von wo er sofort einen Fanschal zugeworfen bekommt. „Das ist so ein geiler Start mit euch!“

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Udo hat eingeladen und alle sind gekommen. Es wird ein gegenseitiges Beseelen mit wechselseitigen Liebeserklärungen, einem spontanen Geburtstagsständchen – und es wird laut. Die Generalprobe präsentiert sich als eine Art Vorpremiere – so reibungslos, vollständig durchchoreografiert und perfekt zeigen sich Musiker, Tänzerinnen, Sänger und Sängerinnen, Akrobaten, Spezialeffekte und der Meister selbst. Denn bei aller Inszenierung bleibt der Mann, der sich so offenkundig freuen kann wie ein Kind an den Jubelrufen seiner Panikfamilie da unten, er selbst. „Lauter, Udo!“, ruft einer. „Das ist er doch“, kontert einer der Umstehenden, der in etwa so alt sein dürfte wie Lindenberg, der am Vortag 70 geworden ist. „Lauter“, erklärt der Mann: „Das hieß früher mal so viel wie ehrlich.“ Die etwa 5000 Gäste im Innenraum der Veltins-Arena bekommen den ganzen Lindenberg, volle drei Stunden lang, stark wie nie, viel stärker als zwei. Oder, um es mit Udos neuem Album zu sagen: „Stärker als die Zeit“.

Joggen und Schwimmen

lindenberg2Er wundert sich ja selbst, dass sein Body, der ja auch sein „Buddy“ ist, es so lange ausgehalten hat mit ihm. Dazu singt er nicht nur „Mein Body und ich“ – er erzählt auch von Alkoholexzessen und anderen Hilfsmitteln für die kreative Textarbeit. „Ich hab es für Euch getan“, scherzt der spät Geläuterte, der sich inzwischen mit Joggen, Schwimmen und gesunder Kost ohne Kohlenhydrate fit hält. Dass die Tour „Keine Panik!“ heißt, hat vielleicht mit dem Älterwerden zu tun. Er spricht nicht nur davon – das Programm ist gespickt mit Reminiszenzen an den Udo von früher, vom kleinen Hosenmatz in schwarz-weiß auf der riesigen Multimedia-Wand, aber auch in Szenen und Songs aus dem Zirkus seines Lebens. Carola Kretschmer, „die Tigerin von Eschnapur“, bekommt einen umjubelten Solo-Auftritt, Gitarrist Hannes Bauer ist rechtzeitig wieder bühnenfit nach einem Beinbruch, und mit Steffi Stephan und Jean-Jacques Kravetz ist die Urbesetzung des Panikorchesters komplett.

Dazu kommen eine funky Bläsercombo, starke Backgroundstimmen und wechselnde Gastsolisten. Percussion-Legende Nippy Noya zum Beispiel. „Mit dieser wunderbaren Band auf die Bühne zu gehen, das ist mein Eldorado“, erklärt Udo. Und singt sogleich den gleichnamigen Song aus dem neuen Album. Fast alle Titel aus „Stärker als die Zeit“ finden ihren Platz in dem bombastischen Programm. Allein der Abgang nach drei Stunden Power-Programm ist filmreif. So viel sei verraten: Er kommt auf jeden Fall in den Himmel.

Christiane Nitsche

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