Geschrieben am 27. April 2011 von für Musikmag

Stagetime: Timber Timbre

Fesselnde Stimme kombiniert mit kunstvoll einfachen Arrangements: Tobi Kirsch sah das kanadische Trio Timber Timbre live im Postbahnhof Berlin bei der Präsentation ihres neuen Albums.

Timber Timbre: Creep On, Creepin OnGanz bei sich

Timber Timbre sind durch ihr selbstbetiteltes Debüt auf dem Label Arts & Crafts einigen Hörern in Deutschland positiv aufgefallen, so langsam füllen sie nun auch größere Locations wie den Postbahnhof ganz gut. Ihr neues Album „Creep On, Creepin On“ ist gerade zwei Wochen draußen, die Single „Woman“ wird auch von einigen Radios gespielt. Jetzt galt es zu überprüfen, wie gut die simplifizierten Songstrukturen und die eindringliche Stimme von Taylor Kirk auf einer Livebühne rüber kommen. Der Berliner Postbahnhof ist gut gefüllt, die Band betritt kurz nach zehn die Bühne. Sänger und Kopf der Band ist Taylor Kirk, er sitzt nicht etwa vorn an der Bühne, er zieht sich etwas in den Hintergrund zurück. Seine beiden Mitstreiter spielen näher am Publikum, das über das ganze Konzert sehr aufmerksam zuhört. Man möchte dem Gecroone gerne folgen und ermahnt die paar Störenfriede in den letzten Reihen wiederholt zur Ruhe. Rock’n’Roll ist das nicht, aber durch die vielen ruhigen Momente fällt das Gequassel tatsächlich unangenehmer auf als sonst. Mich beschleicht der Gedanke, dass die Band gut im Babylon Kino oder in der Volksbühne bei einem reinen Sitzkonzert aufgehoben wäre, dort ist die Konzentration auf die Bühne meist besser. Soviel zum Publikum, die Band konzentriert sich aufs Spielen, die massiven Basslinien oder verzerrten Geigensounds entfalten bei gutem Klang ihre volle Wirkung zu Taylor Kirks gewaltiger Stimme.

Es ist nicht wirklich einfach, Timber Timbre in angemessenen Worten zu beschreiben. Blues ist es nicht wirklich, zum Soul fehlt der Groove, die Stimme hat jedoch die Bandbreite eines Soul-Vokalisten. Ich nenne es melancholischen Folk mit charismatischem Frontmann, der sich ganz auf sich konzentriert, im Laufe des Abends aber immer mehr auftaut. Die meisten Songs des Konzerts sind von der neuen Scheibe und werden mitunter ausufernd dargeboten. Das ist meistens sinnvoll und fesselt die meisten Anwesenden sehr; mitunter wird die Wiederholung aber auch übertrieben wie bei der Umsetzung von „Black Water“, ein wunderbarer Song, der mit einer Länge von sechs Minuten auf dem Album schon recht lang ist. Die Konzentration der Songstruktur auf Tonträger oder digitales Format tut der Band insgesamt ganz gut, manches Mal verlieren sich die Musiker wie in einer Jamsession: Wenige Songs, die dafür aber in einer Länge, die das Songformat sprengt. So bekommt man dann zwar den Opener „Demon Host“ des Debüts zu hören, ein „Magic Arrow“ wird aber schmerzlich vermisst.

Nach etwas über einer Stunde ist der Spuk vorbei, zu einer weiteren Zugabe kommt es nicht. Schade, aber bei dieser Musik muss die Band auch sehr auf den Punkt spielen, vielleicht war einfach nicht mehr Energie vorhanden. Jedenfalls sind Timber Timbre ganz bei sich geblieben, trotz reichlich Popappeal auf den Aufnahmen gibt man sich live ganz dem Motto hin: „Wir machen, was uns gefällt“. Und sieht dabei verdammt gut aus. Die Kunst von Timber Timbre besteht darin, einfache Mittel zu einem gekonnten Ganzen zusammen zufügen, das einen durch seine gezielt erzeugte dichte Atmosphäre zu fesseln vermag. Auf dem Debüt kam diese Wucht noch stärker zum Tragen, doch auch die neuen Stücke haben das Zeug zu echten Listening-Ohrwürmern.

Tobi Kirsch

Timber Timbre: Creep On, Creepin On. Full Time Hobby (Rough Trade).
Die Homepage der Band. Timber Timbre auf Myspace und bei Facebook.


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