„Das war guter Spaß”
The Green Apple Sea, Barbarisms, 30. September, Münster, Pension Schmidt
Pete Astor, Of Richard, 2. Oktober, Münster, Gleis 22
Der Herbst ist da, und mit ihm zwei wunderschöne Konzerte in Münster. In der Pension Schmidt gastieren The Green Apple Sea zusammen mit dem schwedischen Singer-Songwriter Barbarisms. Zwei Tage später spielt Pete Astor (ex The Weather Prophets, The Loft) zusammen mit Of Richard im Gleis 22.
Barbarisms ist eigentlich eine Band, jedoch ist ihr musikalischer Kopf heute in der Pension Schmidt alleine auf der Bühne. Er hat einige schöne Songs im Gepäck. Erinnert mich mit seiner leicht brüchigen, in hohen Lagen etwas kippenden Stimme an Conor Oberst. Insgesamt spielt der Gute aber etwas zu lang. Ganz alleine mit Akustikgitarre den Spannungsbogen 45 Minuten aufrecht zu erhalten, ist halt schwierig.
Das Problem haben The Green Apple Sea nicht, heute in einer fünfköpfigen Besetzung auf der Bühne, bei der alle auch gesanglich engagiert sind. Los geht es mit „From Under The Rooftops“, einem älteren Song, der mega-entspannt das Konzert einleitet. Stefan Prange ist Gründer und letztes Originalmitglied von Green Apple Sea, die ursprünglich in Münster ansässig waren. Über seine Studentenzeit in Münster (14 Semester, 3 Scheine) und seinen Umzug nach Nürnberg erzählt er nette Anekdoten. Insbesondere die Geschichten um Manni, den Inhaber des vor einigen Jahren leider geschlossenen Münsteraner Plattenladens ELPI, sind Bombe. „Wenn du reinkamst, schaute er dich an, als wolle er dich erschießen.“ Das kann ich bestätigen, aber Manni war ein sehr netter Zeitgenosse, durch den auch ich viel tolle Musik entdeckt und schätzen gelernt habe.
Aber zurück zum Konzert, The Green Apple Sea spielen vorwiegend Songs der letzten beiden Alben, die perfekt produziert sind. Die etwas rauheren Live-Versionen gefallen mir aber noch besser, filigran komponierte Lieder, mehrstimmig gesungen und wohl abgestimmt instrumentiert. „Doc Watson Dream“, „Floaters“ und „Nightmares“ sind meine Favoriten und rundherum schöne Folk-Pop-Perlen. Um 22 Uhr muss leider der Strom abgedreht werden, aber die Band spielt noch einige Songs rein akustisch. Sehr schöne Musik von einer Band, die deutlich mehr Zuspruch verdient hätte.
Das Equipment ist geliehen
Zwei Tage später gewinne ich die folgende Erkenntnis: Of Richard werden immer besser. Die Songs laufen rund und wunderbar geschmeidig, Training sprich Gigs lohnen sich. Catchy and groovy fallen mir als Adjektive ein. Zwei toll aufeinander abgestimmte Gitarren, eine federnde Rhythmus-Sektion und der dreistimmige Gesang von hängenbleibenden Melodien. Was will man mehr? Endlich ein Album!
Pete Astor trifft sich mit seiner Tour-Band erstmals kurz vor dem Konzert. Es ist der erste Gig der kleinen Deutschland-Tour. Das Equipment ist geliehen, Gitarren stimmen ist ihm lästig und die Umbaupause dauert länger, da Pete seiner Band backstage noch die Songs erläutern muss. Doch das fällt beim Konzert kaum auf.
Mit „Mr. Music“ geht es los, „Water Tower“ und „Really Something“ heißen die nächsten Hits. Astor parliert in gutem Deutsch. Eine Dame ruft dazwischen: „Wie süß“. Er spielt altes Weather Prophets-Material, wie z. B. “Why Does The Rain“, hauptsächlich aber Lieder seiner beiden jüngst erschienenen großartigen Solo-Alben. Die Versionen gehen z. T. weit über die Album-Längen hinaus. Ausufernde repetitiv-hypnotische Gitarrenpassagen prägen Lieder wie „My Right Hand“ oder „Very Good Lock“. Die erste Zugabe „Dear Fred“ spielt er alleine, auch das kann er gut.
Und heute ist Manni da. Lange nicht gesehen, aber ein netter Plausch ist drin. Direkt gibt es eine Konzertempfehlung. In zwei Wochen spielen hier die Moving Targets. Die waren vor 27 Jahren schon einmal in Münster, und damals hat deren Sänger Kenny Chambers im Plattenladen gepennt. Aber das ist wirklich eine andere Geschichte.
Pete Astor muss für die allerletzte Zugabe die Band nochmal mit den passenden Harmonien versorgen, das funktioniert. Gigantischer Abend, das findet auch Pete Astor und meint: „Das war guter Spaß“.
Wolfgang Buchholz