Geschrieben am 6. November 2013 von für Musikmag

Stagetime: Editors – Wiesbaden, Schlachthof, 1.11.2013

Foto: Matt Spalding

Foto: Matt Spalding

Querschnitt durch die Bandgeschichte

– Der vergangene Freitag war der erste, triste Novembertag des Jahres. Regen und Sturm setzten ein, als sich eine lange Schlange vor dem „Schlachthof“ in Wiesbaden bildete. Auf die Stimmung der meisten Wartenden hatte das Wetter an diesem Abend allerdings keinen Einfluss, große Vorfreude auf das bevorstehende Konzert der Editors war spürbar. Verständlich, denn beinahe hätte es diese Tour nie gegeben.

Die Trennung von Gründungsmitglied Chris Urbanowicz schien 2012 die einzige Möglichkeit, eine Auflösung der Gruppe aufgrund „kreativer Differenzen“ zu verhindern. Mit neuem Bassisten und dem vierten Werk „The Weight Of Your Love“ sind sie in diesem Sommer wieder in der Öffentlichkeit erschienen. Mit Urbanowicz haben sich die Editors aber offensichtlich auch von einem Großteil der Schwermut in ihrer Musik getrennt. Auf dem neuen Album sind die Briten musikalisch endgültig beim Stadionrock und großen Gesten angekommen: „A Ton Of Love“ oder „Formaldehyde“ klingen beinahe mehr nach U2 als das Original selbst, und „Honesty“ könnte unentdeckt auf einem Coldplay-Album versteckt werden. Es fällt manchmal schwer, das vorbehaltlos zu mögen.

Am Freitag präsentierte man den neuen Sound jedenfalls einem gespannten Publikum in Wiesbaden. Dass die Editors trotz aller Referenzen weiterhin uneingeschränkt nach Editors klingen und keinen einzigen Fan verschrecken, liegt vor allem an Tom Smith. Seine einzigartige Stimme überbrückt und verbindet die unterschiedlichen musikalischen Phasen und lockte an diesem Abend ein bunt gemischtes Konzertpublikum in die gut gefüllte Halle. Und das sollte nicht enttäuscht werden: Mit „Sugar“, „Someone Says“ und „Smokers Outside The Hospital Doors“ waren gleich die ersten drei Songs Höhepunkte von drei verschiedenen Alben.

So ging es munter weiter: den gesamten Abend kann man als musikalischen Querschnitt durch die Bandgeschichte bezeichnen. Natürlich durften Klassiker wie „Munich“ und „All Sparks“ vom Debütalbum nicht fehlen, nicht zuletzt wegen der etwas übertriebenen Lautstärke war man zwischendurch aber auch für ruhige Momente dankbar: Smith solo, nur von akustischer Gitarre begleitet, sang „The Phone Book“ und stellt sogar jene Fraktion für einen Moment ruhig, die Konzerte vor allem als Gelegenheit verstehen, sich endlich einmal richtig unterhalten zu können. Vielen Dank.

Nach etwa zwei Stunden und mehreren Zugaben geht ein gelungener Abend zu Ende. Schließlich erwische ich mich tatsächlich dabei, wie ich nach gefühlten 15 Jahren wieder ein Bandshirt kaufe und trotzdem kurz nachdenke, wie die Editors wohl klingen könnten, wenn Urbanowicz noch an Bord wäre? Und Depeche Mode mit Alan Wilder? Mit einem Hauch Wehmut lege ich „In This Light And On This Evening“ ein und mache mich auf den Heimweg.

Heiko Naumann

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