Geschrieben am 4. März 2015 von für Musikmag

SoKo: My Dreams Dictate My Reality

sokoThe Cure auf französisch

– Um ehrlich zu sein: Ich war kein großer Fan von SoKos Debütalbum „I Thought I Was An Alien“ von 2012. Textlich wahnsinnig selbstbezogen, pendelte Stéphanie Alexandra Mina Sokolinski musikalisch unentschlossen zwischen süßem Folkpop und rauer Riot-Attitüde – aber wer bin ich zu urteilen? Die Französin mit polnischen, russischen und italienischen Wurzeln hatte und hat viele Fans, die genau darauf standen, also alles fein.

Jetzt müssen sich die Fans umgewöhnen, denn SoKo hat sich neu erfunden: Wo vor drei Jahren noch braunes Langhaar wallte, strahlt jetzt kurzgeschnittener Wasserstoff – und wer denkt, dass die Frisur nur eine Äußerlichkeit sei, der irrt. „My Dreams Dictate My Reality“ klingt über weite Strecken wie ein altes (sehr altes) Album von The Cure mit einer Sängerin mit französischem Akzent. Also eigentlich ziemlich geil. Janglende Gitarren mit ordentlich Hall, dunkler Bass, buchstäblich sichtbare Nebelschwaden, aber eher Punkkeller als Gothic-Disco.

Die Nähe zu Cure ist nicht zufällig: Produziert wurde „My Dreams…“ von Ross Robinson, der außer für Slipknot, Korn und Klaxons auch schon für Robert Smith und seine Band die Regler bediente. SoKo steht so sehr auf The Cure, dass sogar die Palmen vom 1980-er „Boys Don’t Cry“-Albumcover auf ihrer Hülle erscheinen – und so manches Gitarrenriff aus Songs wie „Who Wears The Pants“ oder „Temporary Mood Swings“ kommt dem ergrauten Wave-Fan-Girl durchaus bekannt vor.

Aber dennoch: SoKos neue Erscheinungsform geht gut rein. Die Songs sind energetisch, wütend, manchmal auch jammerig (siehe auch: The Cure) und egozentrisch (z. B.“Peter Pan Syndrome“). SoKo erweckt den Eindruck, als ginge es um alles oder nichts – beziehungsweise um „Musik oder Tod“, wie ihr Producer zitiert wird. Insgesamt wirkt die Platte in ihrer druckvollen Unmittelbarkeit wie ein erneutes Debüt. Dass das Ganze nicht eins zu eins wie aus den frühen Achtzigern importiert klingt, liegt unter anderem am sehr emotionalen Duett „Lovetrap“ mit Popdarling Ariel Pink: Jetzt bin ich doch gespannt darauf, was SoKo sich als Nächstes einfallen lässt.

Christina Mohr

SoKo: My Dreams Dictate My Reality (Because/Warner). Zur Homepage. SoKo live: 12.3.2015 Berlin, Bang Bang Club, 20.3.2015 Hamburg, Molotow Club.

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