Geschrieben am 17. Mai 2021 von für Musikmag

Serien-Soundtracks

Zwei Beispiele – „We Are Who We Are“ und „Yasuke“

Wir müssen reden – über sehr gute Soundtracks von mal mehr, mal weniger guten Serien. In diesem Fall sogar einer, die ich gar nicht anschaue, mir aber trotzdem ihren Soundtrack anhöre.

Doch beginnen wir mit der anderen, der sehr guten: Auf Starzplay, einem Streaming-Anbieter, den man über Amazon Prime ansteuern kann, läuft seit einigen Monaten die Miniserie „We Are Who We Are“ von Regisseur Luca Guadagnino. Zu seinen bekannteren Werken gehören die superben Remakes von „Suspiria“ und „La Piscine“ („A Bigger Splash“) sowie, wohl am bekanntesten, „Call Me By Your Name“. „We Are Who We Are“ oder (WAWWA) dreht sich um das Leben der beiden Teenies Harper und Fraser, die auf einem Truppenstützpunkt des US-Militärs an der italienischen Küste aufwachsen. Guadagnino zeigt anhand dieser beiden Misfits, die mit sich selbst nicht im Reinen sind, den allgemeinen Zustand einer orientierungslosen Jugend, die sich wünscht, dass etwas passiert, aber nicht weiß, was das sein soll. Fraser ist der Sohn der Kommandantin und nicht sicher, ob er seine Mutter wirklich so hasst, wie es ihm manchmal vorkommt. Harper hingegen versucht sich in Veränderungen ihres Körpers, erkundigt ihre Wirkung als Junge auf Mädchen, schneidet sich ihre wunderbare Haare ratzekurz. Die beiden sind füreinander da, auch wenn sie nicht immer verstehen, was den anderen so umtreibt.

Foto: HBO

Jede Folge der Miniserie heißt „Right Here Right Now“, und jede Folge erzählt tatsächlich eine sozusagen ungeschnittene Zeitspanne – sei es das Verweilen am Strand oder eine Party in einem illegal betretenen Bonzenhaus. Das ist ganz großartig, und dieses Erzählen des Augenblicks ist eine Spezialität von Guadagnino.

Doch zur Musik: Harper und Fraser schwärmen für den Musiker Devonté Hynes alias Blood Orange, dessen „Time Will Tell“ immer wieder eine Rolle spielt und von den beiden inklusive Choreographie auswendig gelernt wird. Seine Songs durchziehen den Soundtrack. Als in der letzten Folge Harper und Fraser ausreißen und zu einem Konzert ihres Idols Blood Orange aufbrechen, läuft David Bowies „Absolute Beginners“. Dazu sieht man sie im Zug, während draußen die italienische Landschaft langsam vorbeischwebt, und auch hier ist es wieder fabelhaft zu sehen, wie der Augenblick in dieser Serie gefeiert wird.

Die Musik feiert hier ebenfalls die Eklektik, alles darf rein. Es beginnt mit der Minimal Music von John Adams aus dem Album „I Was Looking At The Ceiling And Then I Saw The Sky“, neben einem Hip-Hop-Smasher steht direkt die italianische Schnulze von Francesca Michielin, und alles hat seinen Platz. Schaut man sich die Filmographie von Giadagnino an, verwundert das allerdings nicht so sehr. Schon bei „A Bigger Splash“, war die Musik mehr als nur Untermalung, man erinnere sich an Ralph Fiennes‘ Tanz zu den Rolling Stones.

„The only love there is is the love you make“ (Prince, der hier auch auftaucht) – das könnte als Motto über WAWWA stehen.

Das japanische Anime „Yasuke“ hingegen spielt im feudalen Japan, in dem ein Samurai mit afrikanischer Herkunft ein Mädchen aus den Fängen böser Mächte befreien muss.

Foto: Netflix

Die Geschichte ist angelehnt an das Leben eines afrikanischen Soldaten gleichen Namens aus dem 16. Jahrhundert. Der Soundtrack von „Yasuke“ stammt von Flying Lotus und ist eher futuristisch als barock.

Wie gesagt, japanische Animes sind nicht mein Lieblingsgenre, was aber nicht davon abhalten soll, dieses famose Album zu hören. Flying Lotus spielt mit Elementen japanischer Kampftechniken, wenn er etwa das Klacken von Stöcken mit in die Songs einbaut. Ansonsten erkennt man klar seine Handschrift aus anderen Alben, diese einnehmende Mischung aus Hip-Hop-, Jazz- und Experimental-Elementen, eingebettet in sphärische Klänge. Bei „African Samurai“ klaut er sogar ein bisschen bei sich selbst, was aber nicht weiter stört. Auf dem Titeltrack „Black Gold“ ist auch sein Partner in Crime Thundercat mit dabei. Niki Randa leiht ihre glockenhelle Stimme einem traditionell fernöstlich angehauchten Song. Die Titel sind meist sehr kurz und sehr entspannt. Ihre Dringlichkeit entfaltet sich nicht in der großen Geste, sondern in kleinen Handgriffen. Darin ist sie den Kämpfen der Samurai gar nicht unähnlich.

Fazit: Es lohnt sich auch bei den Serien-Produktionen auf die musikalische Untermalung zu achten. Werde ich jetzt vielleicht serienmäßig tun.

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