Geschrieben am 9. Januar 2013 von für Musikmag

Nils Bech: Look Inside

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– Der Norweger Nils Bech hat viele Talente. Als Künstler, Musiker, Tänzer bewegt er sich gerne auf Bruchstellen, Eindeutigkeiten scheinen ihn eher zu langweilen. Von Tina Manske

Musikalisch lotet Bech die Grauzone zwischen Klassik und Pop aus, mit einem Falsett, das Fans von Antony Hegarty sicherlich zu schätzen wissen (auch wenn Bech sicher nicht dessen Klasse erreicht). Auf Bechs zweitem Album „Look Inside“ nehmen wir als Hörer Einblick in eine Liebesgeschichte.

Es ist in ihrer Anlage eine Erzählung, die den Anspruch auf Allgemeingültigkeit stellt, deren einzelne Phasen archetypischen Phasen von Liebesbeziehungen gleichen. Der Opener „Tie Me Up“ erzählt vom schwärmenden Beginn der Liebe, mit nächtelangen Telefongesprächen, dann die erste Begegnung („When You Looked At Me“): „Can you take away this feeling of not being good enough?“, fragt der Protagonist seinen Lover – der Soziologe Ulrich Beck wäre stolz auf seinen Fast-Namensvetter, wie er hier die typische Doppelabhängigkeit anlegt. Es folgen die Kämpfe der tatsächlichen Beziehung: „But still I am not leaving you“, heißt es in „Breaking The Pattern Pt. 1“ – man versucht, die alten Muster zu durchbrechen, scheitert daran und trennt sich („Breaking The Patterns Pt. 2“): „I hoped that you would heal my wounds/ instead they conquered me and you“.

Zentraler Titel ist das wunderbare „A Sudden Sickness“ mit dem ebenso zentralen Satz: „Now it’s up to me to figure out my insecurities/ to mend this duality“. In diesem Stück stellt Bech noch expliziter als an anderen Stellen die Elektronik zart in den Dienst des Rhythmus, bleibt dabei aber trotzdem auf klassischem Terrain, insbesondere mit seinem Gesang. Das mögen manche larmoyant finden, ist aber im Kontext hundertprozentig stimmig. Am Ende wird das lyrische Ich von der Vergangenheit eingeholt („A Scar A Past“) und findet sich selbst: „To be myself I had to be without you („Pass Pass Me By“).

Der Neuanfang umfängt die beiden positivsten, clubbigsten Stücke der ganzen Platte – hier hat sich jemand von einer Last befreit und sieht der Zukunft optimistisch entgegen, sogar das Wort „horny“ darf vorkommen. „Everybody’s good at something/ what’s that something you do best?“, heißt es denn auch kokett in „I Say This Twice“, und der abschließende Titelsong wagt gar einen Schwung ins Dur. Das neue Ich fühlt „a strange affection/ makes me joyful, joyful“ – und auch der Hörer darf an einer Neugeburt teilhaben. Sehr konsequentes, durchdachtes, reifes Album, das sowohl Elektro- als auch Klassikfans befriedigen dürfte.

Tina Manske

Nils Bech: Look Inside. Fysisk Format (Cargo). Zur Homepage von Nils Bech.

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