Geschrieben am 6. März 2017 von für Musikmag

Methyl Ethel: Everything Is Forgotten

methylethelWie Thors Donner

Australien ist eines der Länder, in die ich niemals kommen werde – deutlich zu lang der Flug, viel zu grauenerregend die Tierwelt. Also muss ich darauf warten, dass alles Gute aus Australien zu mir kommt. Und mit dem zweiten Album der Band Methyl Ethel kommt gerade etwas sehr Gutes aus Down Under.

Die Single „Ubu“, inspiriert von Alfred Jarrys surrealistischem Stück „König Ubu“ und wie dieses ein Dokument der Selbstzerstörung, ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie Methyl Ethel die gängigen Mechanismen der Popmusik unterlaufen. Allein das Songschema: Da ist erst die Strophe, die wiederholt und dann variiert wird, bevor die Bridge auf den Refrain hindeutet. Aber dieser Refrain, ist das überhaupt einer? 38-mal wird dort nämlich die die Frage „Why’d you have to go and cut your hair?“ intoniert, nur unterbrochen von dem Echo „Why’d you cut your hair?“ sowie einer kurzen instrumentalen Bridge. Das ist kaum, was man unter einem Popchorus versteht, funktioniert aber erstaunlicherweise just as well.

„No. 28“ nimmt dann im Hintergrund schon den Rhythmus auf, den das überragende „Femme Maison/One Man House“ dann voll ausspielen wird. Apropos Selbstzerstörung: dieses Stück führt diese regelgerecht vor, wenn der fast schlagerhaft zu nennende Beat am Ende in völlige Dissonanz entgleitet, begleitet von einem resignierenden, aber auch anschwellenden „I am so tired“. Habe ich schon erwähnt, dass ich drauf stehe, wenn perfekte Popsongs am Ende perfekt zerstört werden? Dies ist ein perfektes Beispiel dafür.

Die Übergänge zwischen den Songs sind zwar nicht gleitend, aber man spürt doch die innere Verbundenheit. „L’heure des sorcières“ ist nämlich schon wieder so ein Pophammer, wie Thors Donner fahren die auf dieser Platte herunter. Und dass der Schlussakkord „Schlager“ heißt, passt auch wunderbar, denn tatsächlich verwenden Methyl Ethels Songs Schlagerelemente, wenn sie z. B. auf extrem billigen Synthiesound machen. Der dann aber genauer betrachtet natürlich gar nicht so billig ist.

Habe ich überhaupt schon erwähnt, dass ich auf Pop stehe und wie er, gut gemacht, die Welt in drei Minuten rettet? Aus genau diesem Grund haben Methyl Ethel auf jeden Fall mindestens einen Fan mehr, namentlich

Tina Manske

Methyl Ethel: Everything Is Forgotten. 4AD (Beggars).

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