Aus der Zeit gefallen
– Der Kerpener Stadtteil Manheim wurde 898 urkundlich erwähnt. Das mag geschichtlich Beflissenen bekannt sein, wer jedoch Probleme hat, die Stadt Kerpen überhaupt geographisch zu verorten: Sie befindet sich unweit Kölns im Bergheimer Land. Wieder etwas gelernt!
Von Stadtgeschichte zu Musikhistorie: Die Chronisten des Black Metals denken an Kjetil Manheim, den ersten Schlagzeuger der norwegischen Black-Metal-Pioniere Mayhem. Dieser blieb der Band bis 1988 erhalten, drosch folglich die ersten beiden Demos „Pure Fucking Armageddon“ (1986) und „Deathcrush“ (1987) ein und sagte dem Quartett auf Wiedersehen, bevor es die Schlagzeilen der Musik- und Boulevardpresse dominierte.
Während sich Kjetil Manheim in der Folgezeit der Neuen Musik (er kollaborierte u. a. mit Conrad Schnitzler, der 1987 ein Klavierintro für Mayhem komponierte) und experimenteller Elektronik zuwandte, spielt die kroatische Formation Manheim Black Metal wie anno dazumal. Was auf keinen Fall abwertend konnotiert ist. Mit der Popularität des Musikgenres wandten sich Mitte der 90er-Jahre viele ehemalige Protagonisten (u. a. Ulver) einer neuen Klangästhetik zu oder lösten ihre Bands auf (u. a. Emperor).
Manheims „Nihil“ hingegen klingt in der Reduktion des Ausdrucks alles andere als retro, sondern im positiven Sinne aus der Zeit gefallen. Schwarzer Rock’n’Roll (ja, die Scheibe groovt auch in den langsamen, schleppenden Passagen), klassisch arrangiert für Rhythmus-, Lead- und Bassgitarre sowie Schlagzeug. Während jedoch viele frühe Black-Metal-Bands mangelndes kompositorisches Geschick durch ein übersteigertes Image und bewusst schlechten Sound kompensierten, stellen Manheim versierte Musiker dar, die auf „Nihil“ mit einem Variantenreichtum in dem bewusst eng gesteckten Klangkorsett agieren, die dem frühen Black Metal definitiv fehlte.
So ist erst einmal hervorzuheben, dass die einzige Cover-Version auf dem Album (natürlich Mayhems „Deathcrush“) den schwächsten Track darstellt. Nicht weil die Interpretation zu wünschen übrig lässt, sondern weil neben den herausragenden Kompositionen, die „Nihil“ mit sich bringt, deutlich wird, wie wenig Substanz ein Track wie „Deathcrush“ besitzt. Die Produktion von Patrick Damiani, der Haus- und Hof-Produzent von Genre-Größen wie Secrets of the Moon und Falkenbach, trägt ihr Übriges dazu bei, dass „Nihil“ aus dem Wust von Extrem-Metal-Erscheinungen monolithisch herausragt. Anspieltipp: „Sinking“, der einzige Song, bei dem Manheim das Piano einsetzen – dafür dann aber auch einen Melodie zaubern, die nicht mehr aus dem Gedächtnis weichen will.
Manheim: Nihil. Eternal Sound Records.