Geschrieben am 25. Januar 2012 von für Musikmag

Laura Gibson: La Grande

Laura Gibson: La GrandeKlares Statement zum Folk-Sound 2012

− Überraschung und Vertrautheit gleichzeitig: Janine Andert über Laura Gibsons neues Album voller Authentizität, das sich seiner Wurzeln bewusst ist, aber dennoch in die Zukunft schaut.

Laura Gibson war bisher für soliden Folk bekannt. Unspektakulär, aber durchaus hörenswert für Freunde der unaufgeregten Seite des Genres. Anders ihr drittes Album „La Grande“. Das greift den Esprit der neuen musikalischen Garde ihrer Wahlheimat Portland, Oregon auf. Neben Bands wie Tu Fawning schafft es Gibson, einen herzerwärmenden Vintagesound mit modernem Zeitgeist zu versehen. Die zehn Tracks erzeugen ein wohliges Gefühl der Vertrautheit und überraschen gleichzeitig. Laura Gibson entwickelt sich weiter, und zwar mit verdammt großen Schritten.

Schon der Opener „La Grande“ überzeugt auf ganzer Linie. Plötzlich taucht da eine für Laura ungewohnte Rhythmik auf, ihr Gesang wird mit Grammophon-Effekt veredelt und im Background treffen Fernklangexperimente auf verfremdete Begleitstimmen. Das hat seinen ganz eigenen Charme, der in „Milk-Heavy, Pollen-Eyed“ wieder eine andere Wendung erhält. Bläser erfahren hier eine ungewöhnliche Renaissance. Zusammen mit den Percussions hat das eine gewisse 50er-Jahre-Ästhetik; so eine wunderschöne überzeichnete, verklärte Fantasievorstellung alter Zeiten, die zum Träumen verleitet. Wenn der Punkt erreicht ist, an dem es in die rosarote Kaugummiwelt abgleiten könnte, bietet „La Grande“ Reibungspunkte. In „Skin Warming Skin“ sind es die orchestralen Hintergrundvocals, die langsam zu einem Chor anschwellen. Dabei schafft der Track federleicht den Spagat zwischen Opulenz und Purismus.

Laura Gibson scheut sich nicht, in ihren Folk Musikrichtungen und Instrumente einfließen zu lassen, die dort erst einmal nicht vermutet werden. Ein bisschen Bossa Nova in „Lion Lamb“, viel Slide-Gitarren, ohne dabei nach Country zu klingen, und eben die 50er-Jazzkeller-Band, ohne im Entferntesten etwas mit Jazz am Hut zu haben. Leise Töne, die mit einer verschrobenen Warmherzigkeit imponieren. Laura selbst sagt: „I am someone who loves old things and could easily dwell in nostalgia (…) but I really felt this needed to be a statement about the future – about moving forward fearlessly and I think the process of making the record and the finished album reflect that desire“. Besser kann „La Grande“ nicht beschrieben werden. Nostalgie trifft auf eine faszinierende Neuzusammensetzung bekannter Dinge. „The Fire“ entlockt gar dem Salon-Klavier eine packende Tanznummer. Na ja, vielleicht nicht ganz clubtauglich, aber im heimischen Wohnzimmer sorgt das für beschwingte Laune.

Es ist ganz lustig, dass Laura Gibson während der Arbeit am Album einen Wohnwagen aus dem Jahr 1962 restaurierte und zu einem mobilen Aufnahmestudio umfunktionierte. Auch diese kleine Anekdote passt so gut zur Musik, dass man fast meint, sie wurde von einem findigen PR-Menschen erfunden. Hinzu kommen Lauras bodenständige Referenzen zum Biber-Staat Oregon, wo sie in einem kleinen Holzfällerstädtchen aufwuchs. Allein der Titel „La Grande“ verweist auf einen Ort in Oregon und die Decke, auf die sie sich auf dem Cover hüllt, ist ein Familienerbstück. Authentizität, die sich ihrer Wurzeln bewusst ist, aber nach vorne schaut.

Bei den Aufnahmen zum Album wurde sie zudem von einigen nicht ganz unbekannten Musikern unterstützt: ihrem Freund Adam Selzer (M Ward), Joey Burns (Calexico), Meric Long und Logan Kroeber von The Dodos sowie Nate Query und Jenny Conlee von den Decemberists. Das aber nur der Vollständigkeit halber. „La Grande“ braucht kein Namedropping und Laura Gibson hat ihre eigene Handschrift. „La Grande“ ist ein unbedingt empfehlenswertes Album, das ein klares Statement zum Folk-Sound 2012 setzt.

Janine Andert

Laura Gibson: La Grande. City Slang. Zur Homepage geht es hier, zur Facebook-Seite hier und einen kostenlosen Download finden Sie auf Soundcloud.

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