Geschrieben am 29. Januar 2009 von für Musikmag

Klez.e: Vom Feuer der Gaben

Gesamtkunstwerk

– Elektro, Postrock, Jazz, Lied, Gospel, all das findet man hier auf engster Stelle vereint. Von Tina Manske

Der Vergleich mit Radiohead musste ja kommen. Womit sonst soll man diese Band um den Delbo-Gitarristen Tobias Siebert auch sonst vergleichen? In Deutschland hat man solche Musik jedenfalls noch nicht gehört. Trotzdem werden Klez.e auch mit ihrem dritten Album wieder die Hörer spalten in diejenigen, die vor Glück Tränen in den Augen haben und in jene, die sich über zuviel Pathos mokieren. Man stelle sich als Experiment aber mal vor, Songs wie die neue Single „Wir ziehen die Zeit“ oder das in grandiosem Größenwahn endende „Der Saal“ würden in englisch gesungen werden, so einige Einwände würden plötzlich im Erdboden versinken – wetten?

Die deutsche Sprache macht es einem nicht eben leicht, sie nicht zu schwer, zu bedeutsam, zu überfrachtet zu finden, was natürlich daran liegt, dass wir jedes verdammte Wort verstehen und in einen Sinnzusammenhang zu bringen versuchen. Tatsächlich wirken Texte wie der folgende beim Lesen irgendwie seltsam: „Das was hier fehlt/ wird nun mehr klar/ ist die Balance/ die um uns war/ und alles in mir/ schreit nur nach dir/ mein Herz sucht dein Licht“ („Hier, wo du strahlst“) – der schmale Grat zum Kitsch scheint hier besonders rutschig zu sein. Klez.e aber verstehen es, mit ausgefeilten Arrangements, himmelwärtsstrebenden Harmonien und vor Selbstbewusstsein strotzenden Melodien all diesen Alltagsworten Poesie einzuhauchen, dabei immer in der Schwebe zu bleiben und dennoch eine Aussage zu treffen. „Vom Feuer der Gaben“ handelt sehr oft von letzten Dingen, von Abschieden und vom Schmerz, ein Song heißt sogar „Im Raum mit Toten“.

Sonnen, die Welten auseinanderliegen

Obwohl übrigens das vorliegende Promo-Exemplar der Platte ungemastered geliefert wurde, hört man die Wucht, mit der diese Musik direkt neben einem einschlägt, vom ersten Ton an. Ein Finale wie das von „Gebet für mehr“, das auch das Album beschließt, habe ich jedenfalls in dieser Form in einem Song, der im Plattenregal unter Pop einsortiert wird, noch nicht gehört. Vieles erinnert an andere Bands wie Kante („Im Raum mit Toten“ könnte man als Erweiterung und Fortsetzung von „Zombi“ hören), aber eher so, wie man aus der Ferne Sternbilder als zusammenhängend deutet, obwohl die einzelnen Sonnen Welten auseinanderliegen.

Die immer beschworene, von vornherein eine von Menschen erdachte, in der Musik niemals angelegte Grenze zwischen E- und U-Musik ist in den Songs von Klez.e endgültig nicht mehr existent – wo wollte man sie anlegen? Elektro, Postrock, Jazz, Lied, Gospel, all das findet man hier auf engster Stelle zusammen. Tobias Sieberts Stimme ist eine der schönsten überhaupt, und auch das Instrumentarium liest sich illuster: eine Heidelberger Schnelldruckprese findet sich da ebenso wie eine Kirchenorgel, das Paradies (!), ein Reißverschluss oder ein Didgeridoo.

Einlassen allerdings muss man sich schon auf diese Musik, ansonsten wird sie einen möglicherweise immer außen vor lassen. Ist man einmal drin, möchte man aber sicherlich niemals wieder raus. Das Booklet ist übrigens ganz nebenbei und im wahrsten Sinne des Wortes ein Gesamtkunstwerk, da jede der 12 Seiten, je eine für jeden Song, von einem anderen Künstler gestaltet wurde.

Tina Manske

Klez.e: Vom Feuer der Gaben. Loob Music/Universal (Vertrieb: Universal).
Reinhören auf der Homepage zum Album.
Klez.e bei MySpace.
Zur Homepage von Klez.e.

Tags :