Geschrieben am 6. März 2013 von für Musikmag

John Grant: Pale Green Ghosts

johngrant_palegreenghostsSingen, singen!

Ich schicke es vorweg – diese Rezension ist eine heftige Liebeserklärung und aus nämlichen Grund möglicherweise durch die rosarote Brille geschrieben. Wer kann schon an sich halten, wenn er sich in eine Platte verguckt hat. Jedenfalls läuft seit zwei Wochen auf heimischer Anlage und auch unterwegs bei mir kaum etwas anderes als „Pale Green Ghosts“, das neue Album von John Grant.

Der ehemalige Sänger der Band The Czars, der mit seinem Solodebüt „Queen Of Denmark“ im Jahr 2010 gleichermaßen zum Favorit von Kritikern und Publikum wurde, hat sich für sein aktuelles Album mit Musikern der isländischen Band Gus Gus zusammengetan und seinem sowieso schon brillanten Songwriting einen elektronischen Anstrich verpasst. Das steht ihm ausgenommen gut und gibt den Songs eine neue Tanzbarkeit, die man im Werk Grants so nicht erwartet hatte, besonders nicht vor dem Hintergrund, dass der Musiker im Jahr 2011 HIV-positiv getestet wurde.

„Pale Green Ghosts“ ist dementsprechend zu weiten Teilen düster, wie die im Titelsong angesprochenen Bäume, die den Weg säumen, den Grant in seiner Heimatstadt rauf und runter fuhr. Weltschmerz, Melancholie und ehrlich empfundene Trauer sind auf dem Album ansprechend musikalisch umgesetzt. Die dunklen elektronischen Beats, die etwa die Hälfte der Songs bestimmen, tun da ihr übriges. Die wunderbaren Balladen, die insbesondere „Queen Of Denmark“ zu einem solchen Erfolg machten, sind aber auch immer noch da, und, was man nicht zu erwähnen vergessen darf: dieser Typ kann singen, singen!

Dabei haben wir noch gar nicht über die Texte gesprochen. Da heißt es beispielsweise in „GMF“: „But I’m the greatest motherfucker that you’re ever gonna meet/ from the top of my head down to the tips of the toes on my feet/ so go ahead and love me while it’s still a crime/ and don’t forget you could be laughing 65 percent more of the time“, und allein für diese wie im Vorbeigehen hingeworfene Skizze des Lebens in einer immer noch größtenteils nicht eben homophilen Gesellschaft gebührt Grant das höchste Lob.

Oder das todtraurige „It Doesn’t Matter To Him“: Gäbe es John Grant nicht, man wüsste gar nicht, dass man das vermisst, weil es das offiziell ja immer noch kaum bis gar nicht gibt – dass ein Mann so über einen anderen Mann und seine Liebe zu ihm schreibt und singt, so völlig unprätentiös, normal und aus dem Alltag gegriffen. Und auch hier fehlt mit „he took away my Triple-A-Pass“ nicht die schöne, witzige, treffende Metapher für den Verlust eines Herzens.

Man kann mit „Pale Green Ghosts“ also sowohl die Tanzfläche stürmen (und sollte es unbedingt tun, „Black Belt“ ist geschaffen dafür!), sondern auch in gewohnter Grant-Manier in Gefühlen schwelgen. Ganz große Platte.

Tina Manske

John Grant: Pale Green Ghosts. Bella Union/Cooperative Music. Zur Homepage.

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