Geschrieben am 2. März 2016 von für Musikmag, News

Isolation Berlin: Und aus den Wolken tropft die Zeit

isolationberlin_undausdenwolkentropftdiezeitAuthentisch, ohne anbiedernd zu sein

– Berlin wäre nicht Berlin, wenn es nicht einen aktuellen Hype um eine Band aus der Hauptstadt gäbe. Im Moment die Angesagtesten der Angesagten: Isolation Berlin. Und das aber völlig zurecht, wie deren neues Album „Und aus den Wolken tropft die Zeit“ zeigt. Sänger Tobias Bamborschke quält sich mit Depressionen, mit Schwermut und Melancholie, und statt den anderen damit auf die Nerven zu gehen, hat er sich irgendwann entschlossen, einfach Songs darüber zu schreiben – und plötzlich wollen es alle hören. Vielleicht, weil er damit einen Nerv trifft? Authentisch klingen diese Songs, ohne anbiedernd zu sein oder unangenehm defensiv. Isolation Berlin können mal wie Ja, Panik ohne politische Dimension klingen („Produkt“, „Fahr weg“), mal wie die nicht ganz so funkige Version der Sterne („Verschließe dein Herz“) oder wie die männliche Christiane Rösinger („Aufstehn, Losfahrn“). Dieser angstfreie Umgang mit den Klischees von Sonnenuntergang, leeren Betten und Schneefall zeugt von einem großen Herzen. Und für diesen offenen Septakkord am Ende von „Schlachtensee“ möchte man sie einfach umarmen.

Wenn Bamborschke in „Ich küss dich“ schreit, ja brüllt: „Wir halten uns umschlungen, als ging’s um unser Leben/ doch wir tun uns nicht gut/ Wir erdrücken uns!“, dann weiß man sofort: Hier ist keine Rettung möglich, die nicht in Trennung resultierte. Und natürlich gibt es auch mindestens einen veritablen Hit, in diesem Fall das grandiose „Fahr weg“, ein Song, bei dem man gleichzeitig lachen und weinen möchte, weil da für drei Minuten alles möglich scheint, man doch aber ja weiß, dass man am Ende doch wieder nicht fahren wird, „den Möwen hinterher“. Dieses „Du hast nichts zu verlieren“ klingt mindestens ebenso plausibel wie bei Janis Joplin.

Und als wäre das alles nicht genug für diesen grauen Frühling, haben Isolation Berlin noch eine weitere Platte veröffentlicht: „Berliner Schule/Protopop“, nämlich eine Kollektion ihrer vergriffenen ersten beiden EPs, sowie exklusiven Materials. In einem Interview sagten sie neulich, von all den Vergleichen, die von ihnen zu anderen Musikern gezogen werden, ließen sie am ehesten den mit Zarah Leander gelten.

Tina Manske

Isolation Berlin: Und aus den Wolken tropft die Zeit. Staatsakt (Universal).