Geschrieben am 3. Dezember 2014 von für Musikmag

Inspiral Carpets: s/t.

Inspiral Carpets_2014Die mit der Orgel

– Nehmen wir mal an, The Stone Roses veröffentlichen nach einer halben Ewigkeit einen neuen Longplayer und touren durch europäische Konzerthallen. Die Musikwelt hätte gewaltige Erwartungen, das Feuilleton dürfte von einer Neuerfindung/Weiterentwicklung des Manchester Rave träumen. Da haben es die „kleinen“ Inspiral Carpets um Organist Clint Boon mit ihrem ersten Longplayer nach 20 Jahren Pause doch viel leichter. Antiquiert? Selbstverliebt? Die Inspirals dürfen das, so lange die Orgel ordentlich brummt. Von Thomas Backs

„We are a garage band. Always will be. Now, more than ever, we know our strengths and our limitations“, sagt Clint Boon selbst. Der gute Mann hat wie alle Band-Mitglieder seit dem letzten Album „Devil Hopping“ (1994) längst neue Wege eingeschlagen, er selbst ist u.a. für den Sender XFM aktiv, gehört zu den populärsten Radio-Moderatoren seiner nordenglischen Heimat.

Als Garagenrock lässt sich der Start des neuen, selbstbetitelten Albums tatsächlich definieren, wie einst „Saturn 5“ wollen uns die Tempo-Nummern „Monochrome“ und „Spitfire“ mit Boons himmlischer Orgel hinauf in die Wolken beamen. Wirklich nett, aber sind auch echte Hits dabei? So wie damals, im Sommer 91, mit Walkman und Baggy-Jeans im Freibad, etwa „She Comes In The Fall“ oder „Caravan“? Die Antwort: Ja, mindestens zwei: Mit „A To Z Of My Heart“ und „Let You Down“ gibt es neue Perlen, die ihren festen Platz im Best Of-Set der Band bekommen dürften. Der letztere Song auch, weil er mit einer Spoken-Word-Einlage des Punk-Poeten John Cooper-Clarke ein ganz besonderes Bonbon bietet. Sehr schön.

Am Mikro steht bei den Inspiral Carpets nicht mehr Tom Hingley, der die erfolgreichste Band-Phase von 1990 bis 1994 miterlebt hatte. Gründungsmitglied Stephen Holt hat wieder übernommen, zusammen mit ihm hatte die Band im Frühjahr 2014 mit „Dung 4“ bereits eine alte Demo-Compilation aus dem Jahr 1987 neu veröffentlicht. Ein kleiner Schatz für Fans aus alten Tagen, unter anderem mit einem Demo der frühen Single „Joe“ und einem Cover des Garagen-Klassikers „96 Tears“.

Den neu aufgenommenen Longplayer hat Cherry Red zusätzlich in einer edlen Deluxe-Version auf den Markt gebracht. Mit fünf weiteren Audio-Tracks, 60 Minuten Interview-Material und Live-Aufnahmen. Gut so, schließlich bringt diese Retro-Nummer mit Orgel vor allem eins: Jede Menge Spaß.

Thomas Backs

Inspiral Carpets: s/t. CD + DVD. Cherry Red Records (Rough Trade) und Dung 4. Re-Release. Cherry Red Records (Rough Trade).

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