Harmonisch und kontrastreich
Der Musiker, Maler und Schriftsteller Funny van Dannen sammelt seine Ideen abseits der ausgetretenen Liedermacherpfade. Was er im Dickicht des ganz normalen Wahnsinns gefunden hat, bekommen wir auf seinem neuesten Album „Nebelmaschine“ zu hören.
„Das Lied muss funktionieren“, hat Funny van Dannen alias Franz-Josef Hagmans in einem Interview mit Arte einmal gesagt. Doch wie funktionieren seine eingängig komponierten und vielzitierten Lieder? Musikalisch nach Schema F. „Es gibt bestimmte Harmoniefolgen, die immer funktionieren. Wenn man auf die kommt, und die passen zu den Worten, dann geht das, aber das ist eben auch relativ einfach“, bekennt er. Recht hat er. Sprachlich nach Schema XY ungelöst. So scheint es, wenn man die phantasievolle Kombination der Worte und ihrer Bedeutungen zu hören bekommt. Und siehe da, die schrägen Texte kommen auf den meist „flachen“ Melodien zur Deckung. 23 Songs: Harmonisch und kontrastreich.
Auf seinem achten Album greift van Dannen wieder einmal tief in die Schatzkiste seiner Erlebnisse und Erfahrungen. Und was er daraus hervorholt und erzählerisch meist mit schlichten Endreimen in Form bringt, hat das Zeug zu Klassikern alternativen Liedguts. Den perversen Sexualphantasien des Bundesadlers widmet er in seinen Texten ebenso ungeteilte Aufmerksamkeit wie der angeblich so intakten Infrastruktur Deutschlands. Die ernsthafte politische Agitation liegt dem im Berliner Krawallbezirk Kreuzberg beheimateten Multitalent nicht besonders.
Zwischen Ennui und Engagement
Der Vater von vier Kindern mag es lieber intim und ironisch. Selten jedoch wirklich autobiographisch. Auch wenn das „Ich“ in fast allen Songs regiert. Seine Lieder sind intime Zwiegespräche, in denen der Andere und die Andersartigkeit im Mittelpunkt steht. Sie kreisen wie immer um die ewigen Themen „Liebe“ und „Freundschaft“, denen van Dannen immer wieder neue Facetten abgewinnt. In „Hobbynutte“, „Indisch essen“ oder „Bärtiger Delphin“ ventiliert er Beziehungsprobleme mit ironischem Scharfsinn. In „Adele Tschüssikowski“ und „Gelingendes Leben“ neigt er sogar zu glückseligem Optimismus. Doch seine zwischen Ennui und Engagement oszillierende Stimme lässt auch hier anderes vermuten.
Wenn es aber um das gemeine Volk geht, dann wettert er unverhohlen gegen den kleinen Mann, gegen Intoleranz und Leichtgläubigkeit. „Dieses Volk lehne ich ab. Und ich werde nicht eher zufrieden sein, bis ich ein besseres habe“, poltert er in „Mein Volk“. So fundamental wird der bekennende Romantiker sonst nur, wenn es um die Verteidigung emotionaler Grundbedürfnisse geht. Und da tritt schon mal lyrischer Ernst an die Stelle von unbeschwerter Flapsigkeit, wie bei der schwermütigen Ballade „All die Matrosen“. Van Dannen kauft man alle Tonarten ab.
Fast alle Etiketten sind ihm von den Medien schon verpasst worden: Skurril, absurd, poetisch, melancholisch, surreal soll sein Stil sein. Wer weiß es zu sagen. Funny van Dannen ist Funny van Dannen. Und das ist gut so.
Jörg von Bilavsky
Funny van Dannen: Nebelmaschine. Trikont.