Geschrieben am 5. Januar 2011 von für Musikmag, Vermischtes

Feldaufnahmen mit Queen Daphne

Queen Daphne ist von Beruf Was-mit-Medien sowie Seismographin und wohnt in Berlin-Neukölln. Die „Feldaufnahme“  ihrer Wege und Umwege ist für uns ein selbstverständlicher Akt der modernen Aufklärung…

Der Sound der Gentrifizierung

„Da, hörst du das? Dieses flap-flalap-flap-flap?„, fragte Daphne, als sie mit ihrer Freundin Franka eines Abends die Friedelstraße in Berlin-Neukölln hinunterging.

„Hä? Ach – das! Das ist doch der Döner von der Ecke Sander, wo das Fleisch in Fetzen runtergeschnitten wird, das klingt nunmal nicht schön!“, antwortete Franka selten gewitzt.

„Hallo?“ Daphne blieb mit gefurchter Stirn stehen und musterte zunächst die gerade noch sichtbaren Risse im Asphalt, über die just in diesem Moment die Dämmerung herunterzubrechen drohte. Dann neigte sie ihren Kopf ganz laaangsam nach oben. „Ha!“

„Oh Mann, ey, was de–“ – Frankas (die sich gerade getrocknete Hundescheiße von ihren Heels kratzte) genervter Zwischenruf wurde von einem weiteren flalappalap übertönt.

„Wusst ich’s doch, dass das diese Gerüstschutzplanen sind. Schau dir das mal an, im fünften Stock da oben, da fliesen die wohl gerade den Balkon oder was. Wahrscheinlich wird die gesamte Wohnung durchsaniert. Mitten im windigen Berliner Winter, muss ja zum Frühling fertig sein – Sommersemester. Da kommen wieder neue Studenten, die sich diese rundumrenovierten Wohnungen von ihren Eltern bezahlen lassen. Deswegen müssen die gerade jetzt, wo hier die Orkane durchziehen, die Plane da flattern lassen.“

Flap-flaplaplap—lap tönte es bestätigend von oben.

„Das ist sozusagen der Sound der Gentrifizierung. Die Menschen mit den guten Gehältern und dem Parteibuch der Grünen sind da. Wo Leben war, soll Lebensborn werden. Und morgen dann Kinderwagenrennen auf den Gehwegen. Und extra viel Milchschaum überall drauf. Und moderne mediterrane Küche (sonntags Brunch). Und Buchläden, in denen zwar nie jemand ein Buch kauft, aber man sich abends zur Lesung von buchpreisdekorierten Autoren von durch die Wind- quatsch Schaufensterscheibe glotzenden Touristen bewundern lassen kann, während man Barolo schlürft, im neuen Abendkleid vom Designer nebenan.“

„Das – klingt aber irgendwie schon interessant“, wagte Franka vorsichtig.

„Ich weiß“, ließ Daphne gelten. „Das Schlagwerk zum Klassenkampf, die Percussions der Besatzer.“