Keine Blumen, kein Champagner
– Hamburgs hochgehandelter Etikettenschwindel „Die Heiterkeit“ veröffentlicht mit der EP „Daddy’s Girl“ einen musikalischen Vorgeschmack auf das zweite Album. Es wird stürmisch. Von Marcel Wicker
Aus dem Norden schiebt sich eine dunkle Wolkendecke über die Bundesrepublik. Grauer als je zuvor, melden sich Die Heiterkeit mit vier neuen Songs zurück. Zwar sind die drei Gören bisher noch nie durch Exaltiertheit aufgefallen, was uns nun aber mit „Daddy’s Girl“ um die Ohren peitscht, das ist schon lang kein warmer Sommerregen mehr.
Es werden Grenzen ausgelotet, Songs so weit nach unten transponiert, wie es Stella Sommers Stimme hergibt. Ihr prägnanter Gesang rückt noch weiter in den Vordergrund, die Zweistimmigkeit, die noch das Debüt geprägt hat, wird zugunsten hallender Chöre größtenteils gestrichen. Instrumente und Arrangement sind überraschend variantenreich, und obwohl sogar kurz gepfiffen werden darf – heiter ist das alles nicht. Im Video zu „Daddy’s Girl“ bringen sie es auf den Punkt: „Kein Glück mehr, das ich retten kann. Sie lieben dich auch so.“
Für die kritische zweite Platte sind die Feuilletonlieblinge noch einmal gemeinsam das Konzeptpapier durchgegangen. Auf der Mind Map standen mutmaßlich Begriffe wie „Joy Division“, „Synthesizer“ oder „Wave“, letzterer mit Ausrufezeichen versehen. Um den frisch geenterten Referenzrahmen deutlich zu machen, singt Sommer Zeilen wie „Du bist verliebt in Robert Smith“ und könnte damit bei vielen Käufern ihrer neuen EP vielleicht sogar Recht behalten. Die Heiterkeit geben ihrem Schlechte-Laune-Pop einen konsequenten neuen Twist und werden trotz ihrer lethargischen Unaufgeregtheit irgendwie immer aufregender.
Das kommende Album trägt den schönen Titel „Monterey“ und erscheint im Februar 2014. Nach einem reinigenden Gewitter klingt es bisher aber noch nicht: „Keine Blumen und kein Champagner, es wird einfach nur regnen.“
Marcel Wicker
Die Heiterkeit: Daddy’s Girl. Staatsakt (Rough Trade).