Geschrieben am 6. März 2013 von für Musikmag

Dawn McCarthy & Bonnie ‚Prince‘ Billy: What the Brothers Sang

What_the_Brothers_Sang_Dawn_McCarthy_Bonnie_Prince_BillyEhrliche Hommage

– Die Galionsfigur des Alt-Country und -Folk entführt zusammen mit Dawn McCarthy in die guten alten Zeiten des amerikanischen Traums. Die gemeinsame Liebe für die Everly Brothers, erwachsen in den Kindheitstagen beider, bewog zu diesem Album. Dies ist nicht die erste Kooperation zwischen Dawn und Will Oldham alias Bonnie ‚Prince‘ Billy. Schon 2006 war Dawn auf „The Letting Go“ zu hören. Weihnachten 2012 vertonten beide die Weisheit des Heiligen Festes: „Christmas Eve Can Kill You“. Folglich ist „What the Brothers Sang“ Resultat einer Musikerfreundschaft, die schon lange besteht und viele Früchte trug.

Das Album schlägt den Bogen rückwärts von den 1950ern, dem Höhepunkt der Karriere der Everly Brothers, hin zu einer Atmosphäre der amerikanischen Pionierzeit und lässt förmlich Saloons, weite Steppen und Pferdekutschen auferstehen. Der Westen ist zwar nicht wild, dafür aber atmosphärisch dicht.

“What the Brothers Sang” ist eine zutiefst amerikanische Angelegenheit. Die Everly Brothers sind Pop-Ikonen aus einer Ära, als der Begriff Popstar noch nicht geboren war. In den Staaten kennt bis heute jedes Kind das Duo aus Nashville, Tennessee (ok, geboren wurden sie woanders, aber im Country-Mekka hatten sie ihren Durchbruch). Gerüchten zufolge sollen Radiosender zwischen New York und LA Musik dieses Kolorits immer noch auf Heavy Rotation spielen.

Hierzulande sind sie allerdings eher in Vergessenheit geraten, mal abgesehen von ein paar dicklichen älteren Damen, die mit Pfiffi und einer Schachtel Pralinen auf der Couch zu „Bye, Bye Love“ ihrer Jugendliebe nachtrauern. Oder Ü60-Herren, die in Jugenderinnerungen schwelgen. (Wer einmal die leuchtenden Augen meines Vaters zu diesem Song inklusive Mittanzversuchen hinterm Lenkrad beim Autofahren miterlebt hat, weiß, wovon ich rede.)

Etwas aus der Zeit gefallen, dafür aber umso liebevoller ist das Tribut von Dawn McCarthy & Bonnie ‚Prince‘ Billy an die legendären Brüder. Auf eine Neuinterpretation der großen Hits „Bye Bye Love“ und „Wake Up, Little Susie“ wurde verzichtet, was „What The Brothers Sang“ umso intimer ausfallen lässt.

Hier geht es nicht um einen Neuaufguss alter Hits, sondern um eine sehr persönliche Annäherung. Die Liste der Gastmusiker liest sich wie ein Who is Who des zeitgenössischen Folks: Billy Contreras, John Mock, Dan Dugmore, Matt Sweeney, Pete Townsend, John Catchings, Bobby Wood, Joey Miskalin, Nils Frykdahl, Ian McAllister, Joey Baron, Dr. Chris Vivio und Noah Tag.

Allerdings lässt das Album die Kauzigkeit von Will Oldham alias Bonnie ‚Prince‘ Billy vermissen und ist eindeutig frei von Weltschmerz. Wer kein zweites „I See A Darkness“ erwartet, wird mit einer ehrlicher Hommage an All-Time-Favorits der Interpreten belohnt – tief in den Ursprüngen verwurzelter Country-Folk, der auch nicht mehr sein will als genau das. Freunden des Genres ist „What The Brothers Sang“ unbedingt ans Herz zu legen.

Janine Andert

Dawn McCarthy & Bonnie ‚Prince‘ Billy: What the Brothers Sang. Domino Records. Zur Homepage von Bonnie ‚Prince‘ Billy und zur Artist-Seite des Labels.

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