Geschrieben am 8. Dezember 2010 von für Musikmag, Porträts / Interviews

Dave Brubeck zum 90sten

Dave Brubeck: Time OutDem Genius nachhören

– Am 6. Dezember ist die Jazz-Legende Dave Brubeck 90 Jahre alt geworden, und noch immer steht er auf der Bühne als agiler Musiker. Tina Manske bringt ein kleines Ständchen.

In diesen Tagen beginnt ja jeder seine Geburtstagsgrüße an Dave Brubeck mit einem Hinweis auf „Take Five“. Aber hallo – wir auch, ätsch! Dieses „Take Five“ aus dem Erfolgsalbum „Time Out“ ist nämlich die perfekte Einstiegsdroge in den Jazz – selbst von Millionen Hotellobbys und Aufzügen nicht totzuspielen. Mit seinem 5/4-Takt ist es ein beeindruckendes Zeugnis für Brubecks Ansatz, eben nicht den Jazz zu spielen, wie ihn die Puristen gerne haben wollten, und trotzdem ist es ein extrem zugängliches Stück. Als Komponist von „Take Five“ zeichnete allerdings der Alt-Saxophonist Paul Desmond verantwortlich, mit dem Brubeck seinen kongenialen Partner gefunden hatte, Eugene Wright am Bass und Drummer Joe Morello komplettierten zum Dave Brubeck Quartett.

Polyrhythmik und -tonalität sowie Blockakkorde – alles Markenzeichen für Brubecks Stil – sie alle sind zum Beispiel auch beim ebenso bekannten „Blue Rondo à la Turk“ in nuce zu bewundern. Grenzen haben Brubeck nie interessiert – Klassik (Schönberg-Schüler!) und Improvisation, Reinheit und Rohheit gingen bei ihm schon immer prächtig zusammen. Dem Genius nachhören kann man pünktlich zum Jubiläum auf zwei schönen Veröffentlichungen. Da wäre zum einen das Brubeck-Paket aus den „Original Album Classics“ von Sony, beinhaltend die Alben „Time Out“, „Countdown“, „Time Further Out“, „Time Changes“ und „Time In“, eine extrem nützliche und schöne Aufstockung für die heimische Jazzsammlung.

Dave Brubeck: Legacy Of A LegendZum anderen „Dave Brubeck – Legacy Of A Legend“ aus dem Hause Columbia, dem Label, mit dem er große Erfolge feiern konnte. „Legacy…“, von Brubeck selbst zusammengestellt, kommt als Doppel-CD, die neben einem bisher unveröffentlichten Song aus den Archiven (eine Live-Aufnahme von „Three To Get Ready“, eingespielt am zweiten Weihnachtsfeiertag des Jahres 1967) insgesamt weitere 20 Titel aus den Columbia-Jahren zwischen 1954 und 1970 enthält, darunter auch die Zusammenarbeit mit Vokalisten wie Louis Armstrong oder Carmen McRae.

„Legacy…“ wartet im Booklet auch mit schönen Anekdoten auf, erzählt vom Sohn Darius Brubeck. Zum Beispiel die, wie 1960 während einer Jazz-Diskussion die Behauptung Land gewinnt, Jazz habe nunmal im 4/4-Takt stattzufinden – Dave Brubeck mache also keinen. Dr. Willis James, einer der ersten afroamerikanische Musikwissenschaftler, steht daraufhin auf, geht zum Podium und singt a capella ein afrikanisches Arbeiterlied – ein 5/4-Takt. Diskussion beendet.

Am 6. Dezember ist Dave Brubeck 90 Jahre alt geworden, und noch immer steht er auf der Bühne als agiler Musiker. Clint Eastwoods Film „Dave Brubeck – In His Own Sweet Way“ über Leben und Wirken hatte gerade in New York Premiere, es wird also auch in nächster Zeit nicht ruhig um ihn werden. Wir wünschen Brubeck alles Gute und hoffen, dass er uns noch lange solch einen Spaß bereitet.

Tina Manske

The Dave Brubeck Quartett: Original Album Classics. 5 CD. Sony Music.
Dave Brubeck – Legacy Of A Legend. 2 CD. Columbia/Sony Music.

http://www.davebrubeck.com/live