Geschrieben am 9. November 2011 von für Musikmag

Dakota Suite: The Side Of Her Inexhaustible Heart

Dakota Suite: The Side Of Her Inexhaustable HeartLeben retten

– „The Side Of Her Inexhaustible Heart“ ist Chris Hoosons Frau Johanna gewidmet, die, wie er sagt, „jeden Morgen aufwacht und mein Leben rettet“. Melancholie auf dem Hochseil ohne Netz: Tina Manske ist beeindruckt.

Dass er sich selbst hasse und nicht auf diese Welt gehöre, wird man einen Popstar selten sagen hören: fühlen mögen so manche es manchmal, aber hey – the show must go on, nicht wahr? Glücklicherweise ist Chris Hooson kein Popstar, und deshalb stehen solche Sätze nicht nur im Waschzettel zu seiner neuen Platte, sondern auch in den Texten seiner Songs.

Hier wird nicht gegaukelt oder ironisiert: Hooson hat bereits mehrere Male versucht, sich selbst zu töten. „The Side Of Her Inexhaustible Heart“ ist seiner Frau Johanna gewidmet, die, wie Hooson sagt, „jeden Morgen aufwacht und mein Leben rettet“. Hooson ist nicht nur ‚mal so‘ etwas melancholisch gestimmt, dieser Typ leidet, und das spürt man in seinen Songs. Er mag Angst haben, aber er hat keine Angst davor, sie jedem zu zeigen.

Bei weniger begabten Musikern könnte diese Lebenseinstellung leicht ins Larmoyante umschlagen. Nicht bei Hooson. „The Side Of Her Inexhaustible Heart“ ist bereits das sechszehnte Album der Band Dakota Suite aus Leeds, bei der Hooson (immer weniger) Gitarre und Vocals beisteuert, dafür aber seine Kompositionen; Quentin Sirjacq am Piano dagegen darf immer mehr seine impressionistischen, melancholischen Farbtupfer in die Songs streuen, die ansonsten mit sehr vielen Streichern aufwarten. Hoosons Helden sind die Komponisten Bill Evans und Arvo Pärt, Fixsterne in der musikalischen Landschaft, ebenso für ihre sensible und wenig effekthascherische Herangehensweise bekannt. Und wie John Cage weiß auch Hooson, dass die wichtigsten Töne diejenigen sind, die man nicht spielt.

Alle Songs handeln von der Beziehung zu Johanna, bis auf „Yes, We Will Suffer“, das Hooson nach der Tsunami-Katastrophe in Japan schrieb, und „How Safe We Must Seem“, das bereits älter ist und für dieses Doppelalbum neu arrangiert wurde. „The Side Of Her Inexhaustible Heart“ ist ganz sicher keine Unterhaltungsmusik, und es bedarf schon einer gewissen Stärke auch beim Hörer, hier nicht einzuknicken, aber wer angesichts dieser Platte von nur von Niedergeschlagenheit und zermürbender Dunkelheit spricht, der verkennt die überbordende Schönheit, die diese sehr leisen, sehr intimen Songs ausstrahlen.

Tina Manske

Dakota Suite: The Side Of Her Inexhaustible Heart. Doppelalbum. Glitterhouse (Indigo). Zur Homepage der Band.

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