Geschrieben am 29. April 2010 von für Musikmag

CocoRosie: Grey Oceans

CocoRosie: Grey OceansParadies für Feen

Grenzen, seien es geschlechtliche oder identitätspolitische, waren den beiden Schwestern Bianca und Sierra schon immer suspekt, weswegen sie auch auf dem neuen Album wieder in alle möglichen und unmöglichen Rollen schlüpfen. Von Tina Manske

Die Hippie-Schwestern Bianca und Sierra Casady haben sich drei Jahre Zeit gelassen, um ihr mittlerweile viertes Album zwischen all den Liveauftritten so richtig reifen zu lassen. Und wieder ist ein schönes Stück Freak-Folk dabei herausgekommen, mit jeder Menge Kinderspielzeug und Krismkrams als Instrumenten und dem sowohl eines Opernballs als auch einer Krabbelgruppe würdigen Gesang. „Grey Oceans“ entstand nachts, in Sessions rund um den Erdball, in Paris, Berlin, in Argentinien und den USA. Grenzen, seien es geschlechtliche oder identitätspolitische, waren den beiden ja sowieso schon immer suspekt, weswegen sie auch auf dem neuen Album wieder in alle möglichen und unmöglichen Rollen schlüpfen.

Hypermodern

Neuer kreativer Partner ist der Pianist Gael Rakotondrabe, der auch schon bei Liveauftritten des Duos mit von der Partie war. Er hat seine Wurzeln in der kreolischen Musik, machte aber Karriere als Jazzpianist und hat als solcher auch schon den Solopreis in Montreux gewonnen. Rakotondrabe ist eine ungemeine Bereicherung, nicht nur für den Sound, sondern auch für die Stimmung der Songs. Und Stimmungen gibt es reichlich und diversifiziert. „Smokey Taboo“ zum Beispiel bringt CocoRosie nah an ihre familiären Cherokee-Roots, während das nervöse „Hopscotch“ so gar keine Berührungsängste vor lustigem 90er-Jahre-Drum’n’Bass hat, bevor „Undertaker“ die japanische Kirschblüte in Cellophan packt.

Fast ist man ein wenig erleichtert, wenn mit „R.I.P. Burn Face“ endlich ein Beat ins Spiel kommt, der dem doch auf Dauer sehr ätherischen Ganzen eine gewisse Bodenhaftigkeit verleiht. „The Moon Asked The Crow“ schlägt gleich im Anschluss mit saftigen Drums in dieselbe Kerbe, und das tut gut, denn so poetisch das Klingklang der beiden Schwestern auch ist, es droht auf Dauer immer mal wieder in niedlicher Gefälligkeit unterzugehen. Und das möchte man doch nicht, lässt man sich doch viel lieber fallen in das Gezwitscher und Geraune dieser esoterischen, hypermodernen Band.

Tina Manske

CocoRosie: Grey Oceans. Souterrain Transmissions (Vertrieb: Rough Trade).

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