Geschrieben am 22. August 2012 von für Musikmag

Can: The Lost Tapes

Can: The Lost TapesLegendärer Exportschlager

– Der Titel des Albums erscheint wenig originell, wenn auch programmatisch. Man kennt ihn von der Resteverwertung bei 2Pac, beispielsweise. Doch genau dies ist nicht der Fall bei der Kölner Band Can, die neben Kraftwerk, Scorpions und den Einstürzenden Neubauten lange Zeit als der größte deutsche Exportschlager galt. Von Ronald Klein

Tatsächlich stellt die 3-CD-Box ein Album mit Tracks dar, die es aus unterschiedlichen Gründen nicht auf die regulären Studio-Tonträger zwischen 1969 und 1978 schafften. Zugegeben, lange lagerten sie in den Archiven und wurden erst entdeckt, als das Rock’n’Pop Museum in Gronau Interesse an den Einrichtungsgegenständen des Can-Studios zeigte. Als man begann, es auszuräumen, tauchten die Bänder auf, die vorwiegend Studiomaterial, aber auch Live-Mitschnitte enthalten.

Keyboarder Irmin Schmidt kompilierte das Material, das nach der Veröffentlichung in den USA und Großbritannien endlich auch in Deutschland erhältlich ist. Mute-Labelchef Daniel Miller, seines Zeichens ein Mann der bedachten Worte, sinnierte, ob es sich nicht um das beste Album der legendären Band handele. Auch ohne Superlative zu benutzen, erschließt sich nach dem Durchlauf, warum sich Punks wie Buzzcocks oder Johnny Rotten, Waver wie The Fall oder Noise-Rocker wie Sonic Youth bis hin zu Elektronik-Größen à la Portishead auf die Deutschen berufen.

Cans Einflüsse entstammen nicht der Rock’n’Roll- oder Beat-Tradition. Neben Schmidt studierte auch Holger Czukay bei Karl-Heinz Stockhausen. Statt vertrauter Strophe-Refrain-Strukturen setzte die Band auf Endlosschleifen, Irritierendes und Verfremdungen. Aus den knapp 30 Stunden Material – die Bandmaschinen liefen bei jeder Probe, bei jeder Session mit – wurden letztlich drei CDs destilliert, die die große Bandbreite des musikalischen Ausdrucks offenbaren: Für Fans absolut unverzichtbar, für Klang-Ästheten obligatorisch und für Kraut-Neulinge ein perfekter Einstieg.

Ronald Klein

Can: The Lost Tapes. Mute. Zur Homepage.

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